Geschichte

 

Maitour 1997 - Höllenritt zum Dorf der Rösser

 

Welcher nervenaufreibenden Tätigkeit geht ein Reiseleitungsmitglied in den Tagen kurz vor unserer alljährlichen Maitour nach? Ihr glaubt sicher, dass es sich hierbei um die letzten, fieberhaft durchgeführten Arbeiten zur Fertigstellung dieser Fahrtenbroschüre handelt!

Wenngleich dies sicherlich auch zutrifft, meinen wir jedoch etwas anderes. In eben jenem Zeitraum vor dem ersten Maientage schaltet unsereiner an jedem neuen Tag fast schon etwas ängstlich die heimische Flimmerkiste ein, um unter Anwählen der hr-Videotext-Seiten 171 und 172 gesicherte Erkenntnisse bezüglich des Maitourwetters zu erlangen. Die Spannung innerhalb der Reiseleitung steigt von Tag zu Tag immer weiter an, da die Weissagungen der Offenbacher Wetterpropheten mit dem Herannahen des besagten Tages immer mehr an Glaubwürdigkeit gewinnen.

So geschah es auch im vergangenen Jahr, wobei uns die Prophezeiungen kurz vor dem Tag X in euphorische Stimmung versetzten, versprachen die Wetterfrösche doch allerbestes Ausflugswetter. Die Wetterlage am ersten Maientage entsprach dann auch tatsächlich den Vorhersagen, denn ein strahlend blauer Himmel und die wärmende Frühlingssonne erfreuten unser Faßbierherz, als wir uns um 1300 Uhr bei Michel trafen. Unsere Freude bezüglich der an diesem Tage anstehenden Feuertaufe unserer beiden Frischlinge Michael L. und Andreas B. wurde allerdings etwas getrübt, als uns Michael B. mitteilte, dass sein kleiner Bruder aufgrund einer Wurzelbehandlung nicht imstande sei, an der Maitour teilzunehmen.

Als wir das erste Fässchen anstachen, um eine Runde köstlichen Gerstengebräues zu uns zu nehmen, entnahmen wir den Äußerungen unseres zweiten Jungfuchses Michael L., dass er anlässlich des vorabendlichen Waldfestbesuches bei der SG Promillestaffel ’84 gemeinsam mit einigen anderen Stammtischkameraden in nicht geringem Maße dem Alkohol zugesprochen hatte und sich infolge dessen nicht ganz auf der Höhe seiner physischen Kräfte befand. Dem maßen wir allerdings keine größere Bedeutung bei und machten uns nach dem vollständigen Belüften der ersten Partydose auf den Weg nach Roßdorf.

Da uns unsere Fahrtenroute am Münsterer Freizeitzentrum vorbeiführte, nutzten wir natürlich die Gelegenheit, uns auf dem bereits erwähnten Waldfest bei unseren Freunden von der SG Promillestaffel ’84 - gerne erinnern wir uns in diesem Zusammenhang an unseren 3:1-Finalsieg beim DJK-Hallenfußballturnier 1991 - ein kühles Blondes zu genehmigen. Etwas beschämt reagierten wir allerdings auf das Verhalten unseres jungen Freundes Michael L., der es nicht für nötig hielt, mit uns auf den Gastgeber dieses tollen Waldfestes anzustoßen, sondern es vorzog, in Gegenwart unserer Freunde Georg L. und Holger K. in das angrenzende Buschwerk zu reihern. „Nun gut! So ist sie nun mal, die heutige Jugend!“, dachten wir älteren Fassbierveteranen und sahen unserem Kameraden seine spontane Gebüschdüngungsmaßnahme nach.

Die Weiterfahrt führte uns durch den Wald nach Dieburg. Als wir den wunderschönen Fahrradweg auf der ehemaligen Bahnstrecke Dieburg-Groß-Zimmern befuhren machte sich der Autor dieser Zeilen, der gerade an der Spitze des Teilnehmerfeldes fuhr, über die hin und wieder auf solchen Wegen stehenden rot-weiß gestreiften Pfosten so seine Gedanken. Seiner Meinung nach ginge von solchen Objekten für große, im Pulk fahrende Fahrradfahrergruppen doch eine gewisse Gefahr aus, könne man im allgemeinen Getümmel doch nicht immer rechtzeitig erkennen, welche Überraschungen einem die befahrene Wegstrecke in allernächster Nähe präsentieren würde.

Kaum war dieser Gedanke zu Ende gedacht und ein eben solcher Pfosten passiert, erschallte von hinten ein fürchterliches Scheppern und der vorausfahrende „Unfall-Prophet“ sah beim Zurückblicken, dass Michael B. eine heftige Kollision mit dem besagten Pfosten hatte und nun quer in der Luft lag - allerdings nur, um wenige Sekunden später mit Vehemenz auf den staubigen Boden der Tatsachen zu knallen. Alle Gedanken der betroffen dreinschauenden Mitfahrer drehten sich nun um das beschädigte Rad unseres Segelbruders: Wird das Vehikel für den restlichen Weg noch voll einsatzfähig sein oder wird es seine letzte, traurige Reise in einen Altmetall-Container antreten müssen? Glücklicherweise traf Letzteres nicht zu und Boni konnte die Fahrt frohen Mutes fortsetzen.

Sicherlich wird sich jetzt der eine oder andere fragen, warum die erste Sorge dem bekloppten Drahtesel galt und nicht unserem Freund Boni, der als Mensch - zumindest nehmen wir an, dass er ein solcher ist - doch ein schmerzempfindendes Wesen ist. Hierzu muss erwähnt werden, dass unser Kamerad Boni doch recht hart im Nehmen ist, was seit seinem legendären „Schaafheimer Baumsturz“ anlässlich der Maitour 1990, als er beim Volleyballspielen von einem Baum hinunter plumpste, in Stammtischkreisen allseits bekannt ist.

Nach kurzer Weiterfahrt machten wir am Dieburger Wolfgangsee Station um uns einem weiteren Glas Gerstensaft hingeben zu können. Unser im Vorfeld bereits negativ aufgefallener Novize Michael L. löste bei den Fahrtteilnehmern erneut Bestürzung aus, als er unwiderruflich erklärte, dass er den Rückweg antreten werde, um zu Hause in aller Ruhe auf das Verschwinden seiner Übelkeitssyndrome zu warten. Alle Umstimmungsversuche der Reisegesellschaft - auch der Hinweis das somit seine Fahrtteilnahme ungültig sei, da er nicht am Zielort war - schlugen jedoch fehl und Michael fuhr unbeirrt nach Hause.

Wir, die verbliebenen 13 Stammtischler, setzten im Anschluss daran unsere Weiterfahrt über Groß-Zimmern und Gundernhausen nach Roßdorf fort, wo wir uns am späten Nachmittag am dortigen wunderschön gelegenen Ludwigsteich niederließen. Nach einer Stunde verbalen Miteinanders und so mancher Runde nicht mehr ganz kühlen Bieres machten wir uns wieder auf den Rückweg, der bis Dieburg ohne nennenswerte Zwischenfälle verlief. Lediglich unser Gründungsmitglied Stefan R., musste mal wieder erfahren, dass er seinen Stammtischbrüdern nicht trauen kann, stibitzte ihm doch einer, als er selig am Gundernhäuser Waldrand auf einer Schaukel schaukelte, kurzerhand den Drahtesel. Dies nötigte Racer einen rasanten Spurt ab, als er - zunächst vergeblich - sein Fahrrad wieder ergattern wollte.

Als wir in Dieburg wieder den zuvor bereits erwähnten und von Boni in näheren Augenschein genommenen Radweg befuhren, trat bei Alexander S.s fahrbarem Untersatz ein folgenschwerer Defekt auf. Das von seiner Mutter entliehene und kurz zuvor beim ALDI erworbene Patagonia-Rad entledigte sich ohne triftigen Grund eines seiner beiden Tretpedale, welches sich ärgerlicherweise auch nicht mehr am Fahrrad befestigen ließ. Dieser Umstand machte es Alexander schier unmöglich, aus eigener Kraft weiterzufahren. So hatten wir quasi kurz vor der eigenen Haustür einen weiteren Ausfall zu beklagen und Alexander musste die Abschleppdienste seiner Mutter Birgit in Anspruch nehmen.

Als um 2000 Uhr die letzten Nachzügler und auch Pannen-Alexander bei Michel eingetroffen waren, konnten wir uns mit einem deftigen Spanferkelschmaus endlich einen bereits seit dem Jahre 1992 gehegten Traum erfüllen. Die älteren unter den Lesern dürften sich noch daran erinnern, dass wir damals - natürlich ganz ohne böse Hintergedanken - in geselliger Art und Weise am Karfreitag ein eben solches Festmahl abhalten wollten, da wir der Ansicht waren, diesen Tag, an dem man normalerweise sowieso nicht so recht weiß, was man treiben soll, vernünftig gestalten zu wollen. Umso überraschter waren wir, als wir uns mit massiven Protesten und Demonstrationen von Eintagsvegetariern konfrontiert sahen, die uns von diesem ihrer Ansicht nach frevelhaften Treiben abhalten wollten. Angesichts dieser für uns unerwarteten Tumulte zogen wir es damals vor, unsere geplante Veranstaltung abzusagen und anstelle dessen lieber einen am gleichen Tage stattfindenden Steak-Abend in einer nicht näher zu erwähnenden Gaststätte zu besuchen. Das bereits knusprig gebratene Minischwein wurde damals tiefgefroren, um es dann am letztjährigen ersten Maientage vom Eise befreit zum Verzehr zuzubereiten.

Nachdem weite Teile der (w)armen Sau verspeist waren, stand die mit großer Spannung erwartete Auflösung des alljährlichen Maitour-Quiz an. Da Thomas L. und Claus M. hierbei gemeinsam mit der gleichen Punktzahl an der Spitze lagen, musste die Entscheidung über den Sieger in einem Stechen getroffen werden. Man entschied, die beiden Wettstreiter im Maßkrugstemmen gegeneinander antreten zu lassen. Hierbei erwies sich Thomas L. als der ausdauerndere Athlet und konnte somit wieder einmal diesen Wettbewerb für sich entscheiden.

Nach dieser Entscheidung widmete man sich nun ganz dem gemütlichen Teil, um bis zum Ende gegen 2300 Uhr noch einige Gläser Bier zu trinken, kunstvoll und ohne abzuäschern Zigarren zu rauchen - hierbei tat sich unser Freund Rainer wieder ganz besonders hervor - oder um einfach noch diverses dummes Zeug vom Stapel zu lassen.

 

 

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