Geschichte

Maitour 2003 -

 „Biertanken in Mainfranken“

 

Es war mal wieder sehr spannend am Morgen des 1. Mai 2003, als wir uns zu unserer Maitour bei Rainer R. einfanden. Wer sich nun fragt, was hierbei so „spannend“ sein soll, dem sei gesagt, dass am Vorabend mal wieder der „Rock in den Mai“ der SG Promillestaffel stattgefunden hat – ein Event, das sich viele Faßbierfreunde nicht entgehen lassen, wird dort doch im Gegensatz zu den meisten anderen Veranstaltungen kein Techno-, Disco- oder Schlagermüll, sondern ehrliche, handgemachte Rockmusik gespielt. Diese günstigen äußeren Rahmenbedingungen, gepaart mit der Vorfreude auf die am darauffolgenden Tage anstehende Maitour, verleiten den einen oder anderen Stammtischbruder zu verstärktem, mehrstündigem Bierkonsum. Und genau deshalb ist es am nächsten Morgen so „spannend“, da man nicht weiß, wie pünktlich und in welcher körperlichen Verfassung die Protagonisten am Treffpunkt eintrudeln.

Als die ersten überpünktlichen Kameraden bei Rainer eingetroffen waren, verbreitete sich schnell die Kunde, dass ein nicht näher zu benennendes Vorstandsmitglied auf dem nächtlichen Rückweg aus dem Freizeitzentrum einen beachtlichen Fahrrad-Stunt mit anschließendem Hinabgleiten in den Straßengraben dargeboten hatte - und schon war sie da, die eingangs bereits erläuterte „Spannung“! Hatte er sich etwa irgendwelche Blessuren zugezogen, die seine Teilnahme an der heutigen Tour ver- oder zumindest behindern? Wenn er mitfahren will, kommt er dann pünktlich? Hat ihm die vorabendliche, mehr als ausreichende Flüssigkeitsaufnahme vorerst den „Durst auf mehr“ gestillt? Die Antwort lautete „Nein!“, denn unser nach wie vor anonymisiertes Vorstandsmitglied war trotz seines denkbar weiten Anfahrtsweges aus der Justus-Liebig-Straße pünktlich, körperlich relativ unversehrt und zeigte auch schon bald nach seiner Ankunft ein gesundes Verlangen nach frisch gezapftem Gerstenbräu. Das nenne ich einen wahren Faßbierfreund! Daran sollte sich so manch anderer Mitbruder mal ein Beispiel nehmen. Es ist nämlich schade, dass immer mehr Kameraden den Maifeiertag zu einem Kurzurlaub nutzen und somit aus freien Stücken auf eine Maitourteilnahme verzichten - ein Verhalten, das vor allem die Väter unseres Stammtisches beim besten Willen nicht nachvollziehen können, stellt dieses Datum als Ursprung unserer Gemeinschaft für sie doch den allerhöchsten Feiertag im Faßbierjahr dar.

 Jedenfalls fanden sich im letzten Jahr lediglich elf Mitbrüder zur Maitour ein. Um 10 Uhr, also zu dem Zeitpunkt, an dem eigentlich alle, die keine Strafe zahlen möchten, anwesend sein sollten, waren sogar erst acht Mann bei Rainer eingetroffen. Die Bonifer Bros. und Heiko H. machten uns erst verspätet ihre Aufwartung und ließen dafür die Taler in der Stammtischkasse klingeln.

In der Zwischenzeit hatte Josef B. seine neue, riesengroße Partygarnitur angeliefert - ein Monstrum, bestehend aus einem gegenüber den üblichen Modellen stark verbreiterten Tisch sowie Sitzbänken mit Rückenlehnen. Folglich sicherte sich nach dem Aufbau ein jeder sofort ein Plätzchen, um die Vorzüge dieses rückenfreundlicheren Produktes zu genießen. Die bequeme Haltung, die man nun eingenommen hatte, war für so manchen Gesellen, der am Vorabend im Freizeitzentrum zugange war, sehr geeignet, um seine Wunden zu lecken und neue Kräfte für die anstehende Fahrt ins bayrische Großostheim zu sammeln. Offenbar war das Sitzen an diesem Tisch aber zu bequem, denn wir schafften es nicht, unseren anvisierten Abfahrtzeitpunkt um 11 Uhr einzuhalten und starteten erst mit 15minütiger Verspätung unsere Fahrt gen Osten.

Die Witterung war im Gegensatz zum Vorjahr, als wir wegen der Kälte dicke Jacken tragen mussten und ein durchweg grauer Himmel uns aufs Gemüt drückte, etwas angenehmer. Bei Temperaturen von ca. 18 Grad wechselten sich dichte graue Wolken mit Wolkenlücken ab, so dass man ständig die Sonnenbrille auf und absetzen musste. Zudem wehte ein ziemlich spürbarer Westwind, was uns auf dem Hinweg zu einem recht flotten Fortkommen verhalf.

Im Nu hatten wir nämlich Hergershausen und Sickenhofen hinter uns gelassen und machten vor den Toren Babenhausens Station, um die erste der beiden mitgeführten Partydosen zu leeren. Kurz nach 12 Uhr konnten wir Vollzug melden, entsorgten das leere Blechbehältnis in einem zufälligerweise gerade anwesenden Abfallkorb und setzten unsere Fahrt durch Babenhausen und Harreshausen fort.

In den ausgedehnten Waldgebieten des hessisch-bayrischen Grenzgebietes wurden dann um Punkt 12.37 Uhr Stimmen laut, die einen erneuten Partydosenentleerungs-Stopp forderten. Die Mahnungen der wenigen Vernünftigen, die Fahrt angesichts der bereits weit vorangeschrittenen Zeit fortzusetzen, um pünktlich am Ziel einzutreffen - wir hatten für 13 Uhr nämlich einen Tisch bei der Eder-Brauerei reserviert - wurde vom gierig lechzendem Mob ignoriert. Schon kurz darauf war das hilflose Blechfässchen seiner Jungfräulichkeit beraubt und sein Inhalt ergoss sich langsam aber stetig in die Krüge der mit funkelnden Augen auf den Strahl blickenden, umherstehenden Gestalten.

Um bei unseren Gastgebern bei der Eder-Brauerei nicht völlig in Ungnade zu fallen, versuchte man mittels Mobiltelefonanruf die Reservierung einige Minuten nach hinten zu verschieben. Dies gelang jedoch nicht, da man sich mit der unaufhörlich plaudernden Stimme eines Anrufbeantworters konfrontiert sah. Unser Schicksal war also besiegelt! Folglich tranken wir uns so gut es eben ging mit dem restlichen Bier noch etwas Mut an und traten den Rest unserer Fahrt an. Um 13.30 Uhr fuhren dann wir mit schlotternden Knien auf den Hof der Eder-Brauerei, schlossen zitternd unsere Drahtesel ab und begaben uns ins Innere des Brauerei-Ausschankes.

Nun ja, die Angst vor dem Zorn der bajuwarischen Wirtsleute war eigentlich unbegründet, denn den Tadel holte sich „Racer, der Reservator“, der den Tisch gebucht hatte und deshalb als erster das Lokal betrat, ab, sodass die nachfolgenden Ausflügler hiervon gar nichts mitbekamen. Wir hielten uns sodann nicht lange mit irgendwelchem Vorgeplänkel auf und kamen gleich zur Sache: „Essen fassen!“ Die lange Fahrt hatte an unseren Reserven gezehrt und das in unseren leeren Mägen umherschwappende Bier sollte mit Festnahrung eingedickt werden. Also Blick in die Speisekarte werfen, eines der deftigen Gerichte auswählen - am besten Schwarzbierbraten (was sonst?), bestellen und dann ab ans Salat- und Suppenbüfett, um den Hunger schon mal einer mit einer Erstbekämpfung zu konfrontieren. Machen wir’s kurz: Das gereichte Essen - sowohl Vor- als auch Hauptspeise - war hervorragend und angenehm gesättigt vernahmen wir das laute Fordern unseres Freundes Stefan „Racer“ R. nach einer Schnapsrunde - ein Vorgang, den die wenigsten von uns schon einmal erlebt hatten. Deshalb war die überwältigende Mehrheit der Umhersitzenden diesem Wunsch gegenüber sehr aufgeschlossen.

Nach diesem hochprozentigen Schlückchen labten wir uns im weiteren Verlaufe des Nachmittags noch an einigen Runden Bier und als der Abend nahte, riefen wir den Wirt zwecks Rechnungsstellung. Dieser war von uns - und vor allem von dem, was wir kurz darauf in sein Portemonnaie transferierten - recht angetan und spendierte uns deshalb noch eine Runde Schnaps. Natürlich wollte er noch seine Neugierde bezüglich unserer Herkunft befriedigen und als wir ihm mitteilten, dass wir aus dem südhessischen Münster herbeigeradelt waren, sprudelte folgendes zweifelhafte Statement aus ihm heraus: „Minster? Do gibt’s doch en guude Keeschelveroin!“ Diese Worte waren kaum im Raume verhallt, da lähmte blankes Entsetzen die Gesichter unserer im gleichen Verein tischtennisspielenden Mitglieder. Als ob diese unsäglichen Kegler für den weitreichenden Ruhm und Glanz der DJK Blau-Weiß Münster verantwortlich wären! Es weiß doch wohl jedes Kleinkind, dass für diese große Berühmtheit einzig und allein die „Montagshüpfer“ gesorgt haben!!!

Als dieser Schock einigermaßen verdaut war, begaben wir uns zunächst nach draußen und dann auf den Rückweg. Auf diesem kam uns der Wind dann sehr entgegen, wobei wir in diesem Falle auf ein solches „Entgegenkommen“ gerne verzichtet hätten. Aber wir mussten diese Herausforderung wohl oder übel annehmen. Am Ortsausgang von Großostheim herrschte dann, nicht zuletzt wegen bierbedingt benebelter Schädel, Unklarheit darüber, welchen Weg wir nun einschlagen sollten. Das nun entstandene allgemeine Tohuwabohu nutzte Racer, um sich unerlaubt von der Truppe zu entfernen und mit seinem Fahrrad Richtung Großostheimer Schwimmbad, das in Sichtweite zu erkennen war, zu bewegen. Als die Meute dann einen Konsens bezüglich der weiteren Fahrtstrecke gefunden hatte, war Racer nicht mehr in Sichtweite. Also konnten wir die weitere Fahrt nur noch zu zehnt fortsetzen, wobei dieses „Fortsetzen der Fahrt“ nur von kurzer Dauer war, denn ein plötzlich am Wegesrand auftauchender Biergarten namens „Bartholomäushof“ übte auf uns eine Anziehungskraft aus, der wir uns beim besten Willen nicht entziehen konnten.

Wir ließen uns also im Freien nieder, bestellten noch eine Runde Bier und einige ließen es sich nicht nehmen, eine Portion Kochkäse mit Brot zu verspeisen. Das anschließende vor Ort aufgenommene Gruppenfoto wollten wir eigentlich mit dem Motto „Elf Freunde müsst ihr sein!“ versehen, doch dies konnten wir getrost vergessen, da unser elfter Freund Racer mit seinem Rad irgendwo in der Prärie herumgondelte. Also entschieden wir uns für „Zehn kleine Negerlein“ - wobei wir hofften, dass es uns auf der Rückfahrt nicht ebenso erging, wie der im gleichnamigen Lied besungenen Schar dunkelhäutiger Afrikaner, die unter ominösen Umständen nach und nach ihrer ganzen Mitglieder beraubt wird. Wir konnten dies allerdings trotz konfuser Streckenwahl - keiner wusste nämlich so recht, wie wir nach Schaafheim kommen - und dementsprechender Irrfahrt jedoch vermeiden und nachdem wir das vorgenannte Dorf passiert hatten, ging es zielstrebig über Langstadt, Harpertshausen und Altheim nach Münster, wo wir kurz vor 20 Uhr eintrafen - so spät wie noch nie in der langen Geschichte unserer Maitouren.

Heiko und Jochen nahmen jedoch zwecks Fäkalienabwurf in vertrauter Umgebung noch einen kleinen Umweg über ihr jeweiliges Zuhause und verschonten auf diese Weise die Nasen derjenigen, die in der Folgezeit die Roßkopfsche Toilettenanlage in Anspruch nehmen mussten. Aufgrund der bereits weit vorangeschrittenen Zeit orderten wir beim „Balkan-Grill“ flugs eine Balkanplatte für 10 Personen - für „10 Personen“ deshalb, weil unser Odysseus Racer, der eigentlich schon lange vor uns hätte in heimatlichen Gestaden eintreffen müssen, da wir ja, wie bereits erwähnt, noch einen Biergartenstopp eingelegt hatten, nicht präsent war. Wie sich nachträglich herausstellte, hatte er tatsächlich vor uns die Münsterer Grenze passiert. Da er sich aber physisch wie psychisch nicht mehr auf der Höhe sah, zog er es vor, sich für den spärlichen Rest des Tages sowie die anstehende Nacht in seinem kuscheligen Bette zu verschanzen.

Doch auch wenn er plötzlich noch aufgetaucht wäre, hätte sicherlich keiner Hunger leiden müssen, denn das in hohem Maße genießbare Essen war beim besten Willen nicht bezwingbar - Berge von Fleisch türmten sich auf unserem Premium-Garniturtisch, der sich unter deren Last bedenklich nach unten wölbte. Wir konnten zwar das Gewicht dieser gigantischen Anhäufung von Lebensmitteln reduzieren, so dass die Gefahr des Zerberstens der Tischplatte gebannt war, komplett vertilgen konnten wir die Speisen - sehr zur Freude von Rainers Hund - allerdings nicht. Im Anschluss wurden dann noch die Lösungen des Maitourquiz bekannt gegeben. Michael B. hatte hierbei die meisten richtigen Antworten zu Papier gebracht und konnte sich über den Gewinn des Hauptpreises freuen. Doch auch hierbei hat man nicht nur Gönner, sondern auch viele Neider, denn Bernd K., der wohl ganz gerne an Bonis Stelle die Ehrung als Quizsieger über sich hätte ergehen lassen, entwendete voller Frust einen Schuh des arglosen Siegers und schleuderte diesen auf das Scheunendach. Das Vorhandensein einer entsprechend hohen Leiter verhinderte, dass unser Boni den Rest des Abends mit lediglich einem Schuh durch den Hof humpeln musste.

Nachdem der offizielle Teil beendet war, löste sich die Gesellschaft dann nach und nach in Wohlgefallen auf und um ca. 23.00 Uhr hatte dann auch der letzte Maienfahrer die Heimreise angetreten.

 

 Schluss!!!

 

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