Geschichte

 

Maitour 2012

„Es ist nicht flach
in Dietzenbach!"

O.k., o.k., wir können es verstehen, wenn ihr denkt, dass die Überschriften in diesem Heft von Mal zu Mal immer dämlicher werden!

Wenn man sich als Chronist der letztjährigen Maitour jedoch Gedanken über die wesentlichen Erkenntnisse aus dieser Fahrt macht und diese dann möglichst knapp und prägnant – am besten noch in Reimform UND mit der Nennung des Zielortes – in der Headline, wie man Neudeutsch bzw. Altenglisch zu sagen pflegt, unterzubringen versucht, kommt man schon mal zu solchen Ergebnissen.

Es ist nämlich tatsächlich so, dass man als Münsterer im Allgemeinen und als Faßbierfreund im Speziellen bei Radtourenplanungen folgendes Grobschema im Kopf hat:

Fahrtrichtung Süden = bucklig,
Fahrtrichtung Norden = flach!

Da wir Faßbierfreunde zumindest am 1. Mai nicht darauf aus sind, radsportliche Höchstleistungen, z.B. am Col de Hummetroth, zu vollbringen, sondern an diesem Tage eher Schwerpunkte geselliger Art setzen, führten uns in der Vergangenheit Maitouren mit der Zielrichtung Süden maximal bis an den Rand des Odenwaldes. Fahrten gen Norden hingegen konnten unseres Erachtens ungestört von irgendwelchen Anhöhen sogar bis an die Ufer des Mains durchgeführt werden, ist doch das Terrain im Großstädtedreieck Frankfurt- Aschaffenburg-Münster durchgängig flach…..dachten wir zumindest bis zu unserer letzten Maitour!

Doch hierzu später mehr!

Wie es nun schon zur Tradition geworden ist, trafen wir uns am Morgen des 1. Mai um 10 Uhr bei Rainer R. in der Borkumer Straße zum maitoureinleitenden Bieranstich.

Elf Freunde des harten Stammtischkerns waren erschienen und labten sich neben dem bereits erwähnten Gerstensaft an Büchsen- und Paprikawürstchen sowie Brötchen – alles dankenswerterweise von unserem Stammtisch-Landwirt Thomas L. zum Verzehr gestiftet.

Gerade die Paprikawürstchen erwiesen sich aufgrund ihrer Schärfe als durstfördernd, was sich durch einen rasch sinkenden Bierpegel im Keggy-Fass bemerkbar machte – vielleicht sollte sich der DJK-Vorstand mal darüber Gedanken machen, uns des Montags am Stammtisch solche feurigen Knacker kostenlos auf den Tisch stellen, um den Bierabsatz anzukurbeln….

Allerdings mussten wir auch schnell trinken, weil uns Racer im Stile eines Drill Sergeants dazu antrieb, doch schon bald zur Tour aufzubrechen. Der Hintergrund für diese Eile war der Umstand, dass Racer bei der Reservierung in unserem Zielrestaurant in Dietzenbach hoch und heilig – also quasi bei dem Leben seiner Söhne – versprochen hat, dass wir spätestens um 13.30 Uhr vor Ort sein werden, weil es dort sonst nichts mehr zu essen gibt.

Das war für uns alle ein gewichtiges Argument und so starteten wir bereits um 11.10 Uhr – also sage und schreibe 50 Minuten früher als im Vorjahr – unsere Maitour.

Wir verließen unser Heimatort gen Norden, passierten unweigerlich Eppertshausen und mussten diesen Schock dann kurz hinter der besagten Siedlung mit dem Inhalt der ersten von drei mitgeführten Partydosen bekämpfen.

Danach setzten wir unsere Radtour fort und ließen die beiden Rödermärker Stadtteile Ober-Roden und Urberach getreu dem Motto „Ab durch die Mitte" rechts bzw. links liegen. Das soll jetzt nicht heißen, dass wir etwas gegen Rödermark bzw. dessen Einwohner hätten, auch wenn ein FBF-Vorstandsmitglied vor einigen Jahren aufgrund seiner Erfahrungen bei Tischtennis-Begegnungen mit den dortigen Vereinen das vernichtende Urteil gefällt hatte, dass nördlich von Eppertshausen nur A…löcher beheimatet wären.

Wenngleich man sagen muss, dass besagter Stammtischkamerad dafür bekannt ist, deftige Urteile zu fällen, ist es aber auch nicht von der Hand zu weisen, dass die Bewohner der beiden größten Rödermärker Stadtteile immer der Meinung sind, alles besser zu können bzw. zu haben, als ihre südlichen Nachbarn.

Auch das Verhältnis untereinander ist gekennzeichnet von Argwohn und Neid – wie Hund und Katz’ eben! Wenn es aber darum geht, mit dem Status als „Stadt"-Bewohner herumzuprotzen, ist es aber wieder in Ordnung, dass man aufgrund der Größenverhältnisse nur mit dem jeweils anderen Stadtteil überhaupt in der Lage ist, eine solche Stadt zu bilden. Man befindet sich insofern eben in einer reinen Zweckgemeinschaft. Doch Schluss nun damit, ich schweife ab!

Wie bereits erwähnt, wollten wir genau zwischen den erwähnten beiden Siedlungen hindurchfahren – jedoch in Unkenntnis der genauen Routenverläufe. Was man ziemlich sicher wusste, war, dass zwischen Urberach und Ober-Roden die Bahnstrecke der Dreieichbahn sowie das Flüsschen Rodau zu überqueren waren und da die Ober-Rodener Umgehungsstraße genau dies tat, beschloss man, an dieser entlang zu fahren und radelte deren Trasse empor – und da war sie, unsere erste Bergetappe, auch wenn es sich hier um eine künstliche Erhebung handelte.

Oben angekommen stellten wir verwundert fest, dass der Weg dort einfach endete und so mussten wir die steile Böschung mit unserem Fahrrad hinablaufen, was wir mit Bravour meisterten. Nur gut, das wir uns erst am Anfang unserer Maitour befanden….

Weiter ging es dann durch Messenhausen – ein Ort, in dem die meisten der Mitfahrer vorher bestimmt noch nie gewesen sind, den dahinter befindlichen Wald, das daran anschließende Feld und dann direkt hinein in die Dietzenbacher Altstadt. Da auch dort wohl noch niemand von uns gewesen ist, herrschte mal wieder Uneinigkeit über die weitere Tourroute und das Fahrerfeld entzweite sich – vielleicht sollte die Reiseleitung künftig doch mal wieder eine Vortour unternehmen….

Die beiden Fahrergruppen bewegten sich nun aus entgegengesetzten Richtungen auf das Ziel zu und hatten dabei eines gemeinsam: eine für die dortige Region unerwartete Bergetappe – na ja, vielleicht hätte man aufgrund des Zieles „Restaurant zur schönen Aussicht auf dem Wingertsberg" im Vorfeld bereits entsprechende Schlüsse ziehen können.

Apropos „Wingert": Es erscheint auch etwas verwunderlich, dass in Dietzenbach wohl Weinbau betrieben wurde bzw. wird – und das in dem die Stadt Frankfurt umgebenden Hoheitsgebiet des Äppelwois!

Doch zurück zu den letzten Metern unserer Hinfahrt, welche die eine Gruppe mühsam den Berg hinaufstrampelnd meisterte, während die andere diesbezüglich passen musste, weil der Weg nach oben nur über eine Treppe führte, die zudem gerade neu hergerichtet wurde. So mussten diese Kameraden ihre Räder den Rest des Weges nach oben tragen. Dennoch kam man nahezu zeitgleich an und bemerkte, dass es erst 13 Uhr war und man somit eine halbe Stunde zu früh am Ziel angekommen war – das gab es noch nie in unserer Maitourengeschichte!

Mit dieser ungewohnten Situation gingen wir jedoch pragmatisch um, indem wir beschlossen, den neben dem Restaurant befindlichen 33 Meter hohen Aussichtsturm zu besteigen, um auf dessen Aussichtsplattform der zweiten Partydose zu Leibe zu rücken und die schöne Aussicht über das Rhein-Main-Gebiet zu genießen. Aufgrund dieser speziellen Location führten wir dort oben auch das Shooting für unser obligatorisches Maitourgruppenfoto durch.

Als es dann 13.30 Uhr geschlagen hatte, wendelten wir die Wendeltreppe des Turmes hinunter und nahmen auf der Terrasse des Restaurants, welche wahrhaft eine wirklich schöne Aussicht bot, die für uns reservierten Plätze ein.

Nach den bisherigen Strapazen – zwei Bergwertungen und eine Turmbesteigung – war der Hunger nun riesengroß., was dazu führte, dass die Essenbestellung – sagen wir’s mal so – von großem Optimismus geprägt war. Während 4 der 11 am Tische Sitzenden es vorzogen, eine Single-Portion für sich allein mit überschaubaren Ausmaßen zu ordern, verfielen die restlichen 7 Kameraden in die aus früheren Stammtischjahren bekannte Gigantomanie – Stichwort: Ham- bzw. Cheeseburgerbestellungen bei Ljutic: Sie bestellten nämlich zwei Salvator-Platten! Bei einer solchen handelt es sich um eine furchteinflößende Fleischansammlung bestehend aus:

4 Schnitzeln
4 Fleischspießen
4 Steaks
4 Stück Leber
8 Cevapcici.

Das Ganze dann wohlgemerkt mal zwei und auch noch mit entsprechenden Beilagen ausgestattet.

Bei den eingangs erwähnten 4 Einzelbestellern machte sich in dem Moment, in welchem dieses Rundum-Sorglos-Verpflegungspaket auf dem Tisch positioniert wurde, nicht nur Platzangst breit, sondern auch die Furcht, den 7 Fleischeslustigen beim Verzehr am Ende noch helfen zu müssen. Genau so kam es dann auch, was aber nichts an der Tatsache änderte, dass am Ende so einiges an Essbarem unverzehrt blieb.

Natürlich wurde während unserem Aufenthalt nicht nur gegessen. Wir tranken einige Runden Bier, palaverten über mehr oder weniger weltbewegende Themen, erfreuten uns an so mancher Anekdote aus vergangenen Zeiten und lauschten notgedrungen den Klängen eines Alleinunterhalters mit dem unheilvollen Namen „Mister Emotion" - ein zwiespältiges Vergnügen, das in uns Emotionen ganz anderer Art erweckte….

Um 17 Uhr traten wir dann die Rückreise an, die uns zunächst durch Hexenberg führte – WIEDER ein Ort, den die meisten von uns noch nicht kannten und WIEDER unter Bewältigung einer Steigung, die man in der dortigen Gegend nicht erwartet hatte. Als wir Hexenberg und Steigung mehr oder weniger geschlaucht hinter uns gelassen hatten, besannen wir uns darauf, noch eine dritte, finale Partydose zu besitzen, die wir an einer Waldkreuzung anstachen.

Einige unserer jüngeren Kameraden - gemeint sind diejenigen, die noch unter 40 sind und noch jede Menge überschüssige Energie in sich hatten - begannen dann, an Ort und Stelle Fußball zu spielen. Genauer gesagt versuchten sie, den Ball über eine in großer Höhe befindliche Astgabelung eines Baumes zu dreschen. Als ein Querschläger die Gesundheit der sich lediglich auf das Biertrinken konzentrierenden Maitourer bedrohte, entschärfte Alex S. reflexartig mit seinem rechten Fuß diese „Bombe" - da konnte man sehen, was es wert ist, in früher Jugend durch die stählende Verteidiger-Talentschmiede des SV Münster gegangen zu sein!

Weniger gut war jedoch, dass Alex bei dieser Aktion sein Fahrrad berührte und dieses dabei umfiel. Beim Wiederaufstellen fiel dann sein ihn seit zwei Jahrzehnten treu maitourenbegleitender Weihenstephan-Steinkrug aus dem Fahrradkorb auf das Straßenpflaster, was zur Folge hatte, dass sich einige irreparable Risse bildeten, welche eine künftige Nutzung quasi unmöglich machten. „Straßenpflaster?"", werdet ihr nun sicher denken, da man sich ja mitten im Wald befand. Es war aber tatsächlich der einzige gepflasterte Quadratmeter im kilometerweiten Umkreis und diesen hat Alex aufgrund der höheren Standsicherheit gegenüber dem normalen Waldwegboden als Abstellplatz für sein Fahrrad auserkoren.

Das Entsetzen bei ihm und Andreas M. war groß. Andreas war beim Erwerb des Kruges anno 1991 in der Brauerei Weihenstephan nämlich dabei und hatte seinerseits ein baugleiches Exemplar erworben, welches - einem Zwilling des verunglückten Bierbehältnisses gleich - seitdem ebenfalls immer bei den Maitouren mitgeführt wurde und - wie sein Besitzer - dabei ständig voll war.

Jedenfalls war dies ein überaus trauriger Moment - ungefähr so wie die Schluss-Szene aus "Winnetou 3", als der stolze Apachenhäuptling, von einer hinterhältigen Kugel getroffen, in den Armen seines Blutsbruders Old Shatterhand sein Leben aushauchte - deshalb wollte man diesen letzten Teil der Trilogie auch nie sehen!

Für die Zukunft bedeutet dies nun, dass Andreas M. den von ihm als Unterscheidungsmerkmal kunstvoll an den Henkel drapierten Draht mangels künftiger Verwechslungsgefahr entfernen kann - oder diesen quasi als Trauerflor dort belässt. Der Hinterbliebene selbst brachte es erst vor wenigen Wochen über das Herz, den lädierten Krug endgültig zu entsorgen.

Nach diesem schrecklichen Ereignis setzte man die Heimfahrt Richtung Urberach fort, wobei sich das Fahrerfeld wie so oft in den vergangenen Jahren entzweite. An der Eppertshäuser Thomashütte fand man wieder zusammen und kehrte dort ganz spontan auf eine Runde Bier ein. Die Weiterfahrt führte uns dann über das Rotkäppchen zurück nach Münster, wo wir um ca. 19.30 Uhr an unserem Ausgangspunkt angelangten. Irja und Rainer versorgten uns dann mit erstklassigen selbstgebackenen Pizzen, wofür ihnen an dieser Stelle noch einmal herzlich gedankt werden soll.

Der weitere Verlauf des Abends gestaltete sich dann wie immer: Der Durst war nicht mehr ganz so groß, man prämierte den Maitourquizgewinner Andreas P. mit einer edlen Flasche „Pircher Red Bartlett Williams", welche er umgehend zum Verzehr stiftete (die Flasche war nachher leer) und saß noch bis zum Ende um 23 Uhr gemütlich beisammen.

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