Aus
Nirnberch kommd nix Gudes!
Dieser
- zugegebenermaßen etwas reißerische - Aufmacher ist nicht etwa das
Fazit der letztjährigen Stammtischfahrt, sondern nur ein provokanter
Spruch der flussabwärts siedelnden Nachbargemeinde Fürth (auch
Ferdd genannt). Dieser Ausspruch rührt nämlich aus dem Mittelalter,
einer Zeit als Flüsse primär als Müllkippe dienten und die Fürther
somit jeglichen Unrates, dessen sich die Nürnberger auf diese
Weise entledigten, gewahr wurden, weil dieser vorbei- oder
angeschwemmt wurde.
Damit
habe ich aber genug den Oberlehrer gegeben! Diese Information erhält
man übrigens, wenn man in Nürnberg eine Führung durch die
Felsengänge bucht.
Diese
Führung war einer der kulturhistorischen Programmpunkte unseres
letzten Stammtisch-Mehrtagesausfluges, der uns in die
Frankenmetropole Nürnberg führte.
In
den frühen Morgenstunden ging es schon los. Acht Stammtischler
trafen sich am Altheimer Hauptbahnhof, um die Reise ins Frankenland
anzutreten.
Aufgrund
jahrelanger Erfahrung mit öffentlichem Personennahverkehr war allen
klar, dass in Regionalzügen der deutschen Bahn nicht mit
plötzlich auftretenden Bierverkaufsstellen zu rechnen ist, was einen
mitdenkenden Mitreisenden dazu veranlasste, neben Weizengebäck
und Fleisch-Fett-Paprika-Zubereitung - in eine Hülle gepresst, durch
die zuvor Schweine ihre Notdurft verrichtet hatten - Bier für alle
im Handgepäck mit sich zu führen.
Es
muss wohl die Angst vor Versorgungsengpässen gewesen sein, die
einen anderen Mitreisenden dazu bewegte, im Aschaffenburger
Hauptbahnhof einen Hamsterkauf aus Laugenbrezeln und hart gekochten
Eiern bestehend zu tätigen. Vielleicht geschah es auch aus
Rücksichtnahme auf die Mitfahrer, weil der Betroffene
befürchtete, seine Kameraden ansonsten mit Bier-Wurst-Flatulenzen zu
peinigen.
Was
liegt da also näher, als sich von Laugenbrezeln und hartgekochten
Eiern zu ernähren - zwei Lebensmittel, die quasi in sämtlichen
Kulturkreisen für ihre leichte Bekömmlichkeit und Verdaulichkeit
bekannt sind.
Aber
verlassen wir nun das interessante Thema Verdauung und kehren
zurück zu dem, was die illustre Reisegesellschaft in den kommenden
drei Tagen so alles erleben sollte.
In
Aschaffenburg wurde dann in einen ICE gewechselt, in dem wir
zielstrebig das Bordbistro ansteuerten. Dort fiel zunächst einmal
die Helene-Fischer-Beschallung negativ auf. Im Bistro hatte sich
nämlich die Belegschaft eines Sylter Restaurants eingenistet, die
unterwegs zum Erdinger-Fest war. Nun ja - man ist ja tolerant und
außerdem ist man ansonsten auch in anderen Lebenslagen widrigen
Umwelteinflüssen ausgesetzt, sodass wir uns entschlossen, uns in
einer Ecke des Waggons einzurichten und das Gedudel zu ertragen.
Kein
Gedudel zu ertragen hatte unser auswärts wohnendes
Stammtischmitglied Bernd. Aufgrund der Lage seines Hauptwohnsitzes
hatte er sich dafür entschieden, nicht mit dem Rest zusammen zu
fahren, sondern den direkten Weg nach Nürnberg zu nehmen. Wobei
"direkt" hier nicht ganz zutreffend ist, weil just zu
dieser Zeit eine schelmische Clique die Archäologen der Zukunft
vor eine grabungs- und interpretationstechnische Herausforderung
stellen wollte und deswegen eine komplette Tunnelbohrmaschine
unter Bahngleisen versteckte und - um es den futuristischen
Sandpinslern nicht zu einfach zu machen - diese dann komplett in
Beton verhüllten.
In
Nürnberg angekommen marschierten wir bei bestem Wetter und
bester Laune in unser Domizil. Danach steuerten wir den
berühmten Christkindlsmarkt an. Nun hatte aufgrund der Jahreszeit,
es war Ende August, nicht wirklich jemand damit gerechnet, hier einen
Weihnachtsmarkt vorzufinden. Umso erstaunter waren wir, dass
hier hölzernes Baumaterial herum stand. Sollte es wirklich so
sein, dass sich hier einige Standbetreiber ihren Platz sichern
wollten, indem sie jetzt schon mal ihre Buden aufbauten? Eine
gründliche Recherche ergab jedoch, dass es sich hier um Baumaterial
handelte, dass für den "Red Bull District Ride" benötigt
wurde, der eine Woche später stattfinden sollte.
Spendabel,
wie man ihn kennt, lud uns unsre Schatzmeister auf eine Runde
Lebkuchen bei "Lebkuchen Schmitt" ein. Während wir dieses
Saisongebäck verzehrten lauschten wir - gemeinsam mit jeder Menge
fernöstlich anmutender Touristen - dem aus Presse, Funk und
Fernsehen weltbekannten Glockenspiel der Frauenkirche am
Hauptmarkt.
Mal was anderes: Lebkuchen im August bei 27 Grad!
Da
die Sonne permanent vom Himmel lachte und wir auch nicht mehr die
Jüngsten sind, wurden wir der unterschätzten Gefahr der
Dehydrierung gewahr und entschlossen uns, ein Lokal aufzusuchen, das
geeignet war diese Gefahr wirksam zu bekämpfen. Sesshaft wurden wir
im “Bratwurst Röslein”. Dort labten sich alle an lokalen
Bierspezialitäten und chillten im Schatten vor sich hin. Sagte ich
alle? - Das ist nicht ganz korrekt. Einer (der mit den Laugenbrezeln
und den Eiern) brach spontan auf, um ein paar Runden auf und um den
Platz zu drehen. Was immer er da genau gemacht hat - wir danken es
ihm, dass er dazu unseren Standort verlassen hat.
Im
Anschluss erklommen wir die Burg. Eine Besichtigung des Inneren
war allerdings nicht möglich, da sich zu diesem Zeitpunkt gerade
eine Hochzeitgesellschaft nach der anderen die Klinke in die Hand
gab. Danach liefen wir ein bisschen durch die Stadt, bis wir beim
Bierhaus Zeltner ankamen, wo ebenfalls lokale Bierspezialitäten
sowie fränkische Küche verköstigt wurden.

Kurze Pause auf der Kaiserburg Nürnberg
Nach
einer weiteren Einkehr im Restaurant Trödelstuben auf der
Pegnitzinsel (wie schon erwähnt, es war sehr heiß und die Gefahr
der Dehydrierung somit über Stunden allgegenwärtig), kehrten wir in
unser Hotel zurück, wo wir zwei Nachzügler von der unterrichtenden
Zunft willkommen hießen. Besonders einem der beiden hatten wir
im Vorfeld mehrfach deutlich gemacht, dass "Mehrtagesfahrt"
durchaus wörtlich zu nehmen ist und wir dann höchstwahrscheinlich
auch länger als einen Tag bleiben würden. Die Mühen hatten dann
auch gefruchtet und im Gegensatz zum Vorjahr richtete sich besagter
Herr dann tatsächlich auf zwei Übernachtungen ein.
Das
Abendessen nahmen wir im Gasthaus "Zum Spießgesellen" ein.
Nun würde der Name ja vermuten lassen, dass es dort
verschiedene Leckereien am Spieß geben würde. Dem war aber nicht
so. Aus unerfindlichen Gründen standen alle Gerichte, die irgendwie
mit einem Spieß zu tun hatten nicht zur Auswahl. Wilde Theorien, wie
z.B. dass mittags Metalldiebe die Küche heimgesucht
hätten, konnten ebenso wenig bestätigt werden wie ein Einschreiten
staatlicher Behörden, nachdem ein Whistleblower massiven Missbrauch
der Spieße durch das Küchenpersonal zu Fuß- und
Fingernagelreinigungsexzessen geleakt hatte.
Egal
- gut gesättigt zogen wir weiter ins Brown-Sugar, um dort bei
der einen oder anderen Runde Cuba Libre zum Sozialpreis der Musik zu
lauschen. Dort kam es dann zu zwei Versorgungsengpässen. Einmal
zu einem Engpass an Geld unsererseits, weil wir den
Pro-Kopf-Getränke-Einsatz von 50 Euro überschritten und somit die
Stammtischkasse komplett entleert hatten, und - dadurch bedingt -
direkt anschließend zu einem Cuba-Libre-Engpass des Gastwirtes, der
dann nach zwei Uhr nachts aus dunklen Quellen noch Rum besorgen
musste.
Schließlich
entschlossen wir uns kurz nach drei, den Rückweg anzutreten.
Erstaunlich fanden wir, dass es in fast allen Gassen der Altstadt um
diese Zeit noch lebhafter zuging, als in manch anderer
Stadt zur Kneipen-Rush-Hour.

Vor den Protzbauten des Dritten Reiches kann man uns kaum erkennen!
Am
nächsten Tag fuhren wir nach einem reichhaltigen Frühstück zum
Dokumentationszentrum des ehemaligen Reichsparteitagsgeländes.
Dort fand zu dieser Zeit ein Volksfest statt – nur, dass zu dieser
Uhrzeit noch recht wenig Volk anwesend war. Davon ließen wir uns
aber nicht beirren und kehrten auf eine Runde Bier ein, weil auch der
Samstag wieder ein sehr sonniger und heißer Tag war (Gefahr der
Dehydrierung - ihr wisst ja ...).
Nach
Besichtigung der Kongresshalle (oder deren monumentalistischer
Ansätze) und weiterer Bauten des weitläufigen Geländes
verließen uns zwei Stammtischbrüder. Der eine aus Prinzip -
weil er immer früher heimfährt - der andere, weil er noch einen
Auftritt mit seiner Musikkapelle absolvieren musste. Zu erwähnen
ist, dass Letzterwähnter noch den Verlust seines Außenspiegels zu
beklagen hatte. Ja so ist das, wenn man drehmomentstarke, großhubige
Vierzylinder fährt – alles, was nicht gestanzt oder geschweißt
ist, fällt irgendwann ab. Für Hinweise zu dem verlorengegangenen
Spiegel oder anderen Bauteilen haben wir eigens eine
Serviceadresse unter "ruettelbock@fbf-1987.de"
eingerichtet.
Die
anderen zogen weiter zum Max-Morlock-Stadion, das - wie ja jeder weiß
- nach dem Obermenschenfresser aus dem Roman "Die Zeitmaschine"
von H. G. Wells benannt ist. Nach etlichen Kilometern Fußweg
und einem Zwischenstopp am Zeppelinfeld kehrten wir dann im
Biergarten des Gasthauses Gutmann am Dutzendteich ein. Dort nahmen
wir wieder lokale Spezialitäten wie "Nürnberger Würstchen"
und "Schäufele" zu uns. Nebenbei sahen wir dort die
Liveübertragung des Zweitligaspiels FCN gegen Erzgebirge Aue. Dass
der FCN von den "Holzlöffelschnitzern" mit 3:1 geschlagen
wurde, drückte bei den umsitzenden Einheimischen doch merklich auf
die Stimmung.
Davon
ließen wir uns jedoch den Tag nicht vermiesen und machten uns auf
den Rückweg in die Altstadt. An der Straßenbahnhaltestelle
versuchten wir uns fahrplantechnisch zu orientieren, als urplötzlich
mit viel Krach ein historisches Gefährt um die Ecke gescheppert
kam. Der ebenso historische Kondukteur fragte zunächst zielstrebig
unser Reiseziel ab und forderte uns anschließend auf, aufzusitzen.
Nach
kurzer Rast im Hotel ging es weiter zum "Bratwurst Röslein".
Da einige ihren Bedarf an tierischem Fett für den Rest des
Jahrzehnts noch nicht abgedeckt hatten, orderten sie "Eine
kulinarische Reise durch die Fränkische Küche " oder auch
"Röslein-Platte" genannt. Diese Spezialität besteht
aus Haxen, Schäufele, Ente, Blaukraut, Fasskraut, Semmelknödel,
Kartoffelknödel und Dunkelbiersoße - schließlich soll man sich ja
abwechslungsreich ernähren!

Die "Röslein-Platte" - damit hätte man ganz Afrika ernähren können!

Perspektive von Alex und Jochen...

...sowie Perspektive von Hickes und Boni²
Zu
guter Letzt wollten wir die Reise im Biergarten am Kettensteg
ausklingen lassen. Leider war es aber so, dass just zu diesem
Zeitpunkt dieser sehr überlaufen und die Bedienungen überlastet
waren. Das Warten auf das Essen dauerte derart lange, dass zu
befürchten war, dass wir unseren Zug nicht mehr erreichen würden.
Also cancelten wir das Essen - sehr zum Missfallen der Bedienung -
und brachen zu einer unspektakulären Zugfahrt Richtung Heimat auf.
PREVIEW
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