Reise


Malle, Malle, Malle  
 

Wie es ja nun fast schon Tradition ist, schickten die Faßbierfreunde auch im vergangenen Jahr wieder eine Abordnung auf die Ferieninsel auf den Balearen. Allerdings war die Anzahl der Reisenden nicht annähernd so stattlich wie im Vorjahr - ich sage nur: 15 Teilnehmer zuzüglich Tanzbär. Dieses Mal fand sich nur ein harter Kern bestehend aus fünf Stammtischlern zusammen, allesamt Mallorca-erfahren.

Aufgrund der geringen Teilnehmerzahl wird auch auf eine Verabschiedungsveranstaltung mit hochprozentigem Schnaps und Fleischwurstringen am Tag der Abreise verzichtet. Statt dessen diniert man gepflegt bei einer berühmten amerikanischen Bulettenkette auf dem Flughafengelände (Tip von mir: Das Sheraton-Hotel ist damit nicht gemeint!). Während des Schlangestehens bei McDonald?s nehmen die Reiseteilnehmer an einer Mini-Lotterie teil. Über den Preis, Gewinner und Verlierer erfährt man jedoch nichts Näheres.

Doch nun aber los - es sind nur noch 45 Minuten bis zum Abflug. Am Gate angekommen, freut man sich zunächst darüber, daß man keine Schlange stehen muß, weil der Rest schon im Flieger hockt. "Das wird aber Zeit, daß Sie sich einfinden, meine Herren - so etwas kann auch schiefgehen. Das nächste mal bitte etwas pünktlicher!" - Wie kann ein Flug gelungener beginnen, als durch solch' eine Begrüßung. - Aber die zugegebenermaßen gutaussehende Klugscheißerin sollte Recht behalten. Kaum haben wir den Vogel bestiegen (also das Flugzeug betreten) sind es nur noch 30 Minuten, die die Kiste dumm in der Gegend herumsteht, bevor sich auch nur irgendwie der Eindruck aufdrängt, daß es losgehen könnte.

Der Flug selbst verläuft ohne nennenswerte Vorkommnisse. Keine Kapitäne mit skurrilen Namen wie "Sargnagel", keine spontanen Reparaturaktionen am Triebwerk, keine keifenden Mitreisenden, die sich über den von uns während des Fluges praktizierten Sarkasmus beschweren.

Wieder festen Boden unter den Füßen heißt es erst mal wieder warten. In Palma streikt nämlich das Flughafenpersonal gegen die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen. Wenn ich jedoch sehe, was am "Ballermann 6" ein Liter Bier kostet, dann frage ich mich, wer denn nun wirklich auf dieser Insel ausgebeutet wird. Irgendwann erreichen wir dann doch noch die Gepäckförderanlage und vertreiben uns die Zeit mit Koffer-Lotterie: Der erste und der letzte, der seinen Koffer kriegt, muß eine Runde zahlen. Der Erste ist schnell ausgemacht: Andy P.. Bis jedoch geklärt ist, wer seinen Koffer zuletzt bekommt, müssen wir uns noch ein Weilchen gedulden, da sich das ausgebeutete Flughafenpersonal entschließt, zwischendurch noch zwei andere Flugzeuge am selben Gepäckband auszuladen. Nach anderthalb Stunden haben wir jedoch Gewißheit: Alexander S. muß die Runde zahlen.

Was wünscht man sich nach solchen Strapazen sehnlicher, als endlich sein Hotelzimmer zu beziehen und sich anschließend relaxenderweise an den Pool zu setzen. Doch nein - an der Rezeption unseres Hotels angekommen machen wir die Erfahrung, daß es tatsächlich stimmt, was der Professor in der Statistikvorlesung behauptet hat; daß nämlich die Reiseanbieter bewußt immer um zehn Prozent überbuchen, damit die Flugzeuge auch wirklich immer randvoll und die Hotels bis zum letzten Bett belegt sind. "Tut mir leid, Senores, Sie können Ihre Zimmer erst morgen beziehen. Wir sind restlos belegt." Man kann sich sicherlich vorstellen, daß es nach dieser Äußerung bei den Betroffenen nicht gerade zu stehenden Ovationen kommt. Die Gemüter beruhigen sich auch nicht sonderlich, als man uns mitteilt, daß man uns in einem anderen Hotel für eine Nacht unterbringen wird und uns sogar das Taxi dorthin bezahlen will, ganz zu schweigen von der großzügigen Entschädigung (24 Mark pro Nase), die man zu zahlen bereit ist, wenn wir im Gegenzug schriftlich darauf verzichten, später irgendwelche Ansprüche gegen das Hotel geltend zu machen. Was soll's - um endlich Ruhe und ein Hotelzimmer zu haben, willigen wir ein und checken erst einmal im Hotel "Obelisk" ein, wo wir uns an den Pool setzen, die Lotterieausstände einlösen sowie unsere Entschädigung in Bier umsetzen.

Einigermaßen erholt starten wir eine Strandbegehung, um festzustellen, ob sich gegenüber dem Vorjahr etwas geändert hat. Und siehe da - die Sangria-Eimer sind tatsächlich vom "Ballermann 6" verschwunden. Statt dessen wird der Sangria in Plastik-Gießkannen gereicht - ein untrügliches Zeichen dafür, daß die Spanier auf dem richtigen Weg sind, aus der Insel einen Urlaubsort mit hohem Niveau zu machen. Mit der gleichen Konsequenz versucht man auch die Schinkenstraße zu beruhigen. Es ist dort den Kneipenbetreibern nicht mehr gestattet, rund um die Uhr geöffnet zu haben. Nein! Zwischen 5 Uhr und 6 Uhr morgens hat dort alles geschlossen zu sein - die Bewohner des Hotels "Niagara" werden es danken.

Sonst aber hat sich am Nachtleben nichts geändert. Das Leben spielt sich weiterhin ab "Ballermann 6" aufwärts ab. Zwar geben sich die Discothekenbetreiber von "Ballermann 1" bis "Ballermann 5" mit Lockangeboten alle Mühe, aber außer einem Liter Wodka-Lemon zum Sozialpreis und reichlich Sodbrennen ist in Schuppen wie dem "Maxim's" nicht viel zu erleben.

Als schmerzlichen Verlust muß man wohl das Verschwinden des Basketball-Spielautomaten, sowie des Airhockeys und des Kakerlaken-Kloppers bezeichnen. All diese Animiergeräte sind derweil einer Umbaumaßnahme zum Opfer gefallen. Das Adventure-Golf ist glücklicherweise noch vorhanden. An dieser Stelle sei unser Stammtischbruder Jochen noch einmal darauf hingewiesen, daß seinerseits noch eine Runde an die restliche Reisegesellschaft aussteht, nachdem er seinen Golfball entgegen aller Gesetze der Physik einer Notwasserung unterzogen hatte.

Stand die vorherige Stammtischfahrt nach Mallorca mehr im Zeichen der primitiven Belustigung der Massen, so sollte es diesmal anders sein und im Urlaub auch der Inselkultur ein angemessener Platz eingeräumt werden. Wie kann man mehr über eine Insel erfahren, als daß man im offenen Jeep darüber hinweg braust? Gesagt, getan - nachdem uns die Autovermietung einen 6-Personen-Jeep vor die Tür gestellt hat, geht´s los. Ohne Verdeck rauf auf die Autobahn und hinein in einen 30-minütigen Platzregen. Als dieser sich gelegt hat, beschließen wir zum Hotel zurückzukehren, trockene Klamotten anzuziehen und uns von der Autovermietung des Verdeck montieren zu lassen. Merkwürdigerweise ist am Hotel kein einziger Tropfen Wasser vom Himmel gefallen, so daß unser Bedürfnis, das Verdeck montieren zu lassen, mehr Verwunderung als Verständnis hervorruft. Wir aber lassen uns auch von den noch so skeptischen Blicken der in Badekleidung vorbeilaufenden Urlauber nicht beirren und montieren unter fachgerechter Anleitung das Verdeck, um es anschließend wieder zu entfernen. Ich denke nun, daß ich nicht zu erwähnen brauche, daß an diesem Tag kein einziger Regentropfen mehr vom Himmel fällt. Bei strahlendem Sonnenschein schlängeln wir uns durch die Berge an der Küste. Das ewige Auf und Nieder entlang der Serpentinen im Zusammenspiel mit dem Fahrstil von Alexander S. sorgt dann doch bei dem einen oder anderen mit empfindlichem Magen für Unwohlsein. Dieses verschwindet aber schlagartig beim Eintreffen in der Gaststätte "Zum Landesinneren", wo man typisch spanisch diniert. Wieder im heimischen Hotel angekommen, beschließt man an dieser Stelle den Kulturteil für beendet zu erklären und den Rest des Urlaubs auf konventionelle Weise zu verbringen. Tja, viel mehr gibt es nicht zu berichten. Der Rückflug erfolgt ohne spektakuläre Ereignisse, auch findet sich niemand bereit, die Flugzeuginsassen durch spontanes Erbrechen zu unterhalten.

So möchte ich schließen mit folgendem Fünfzeiler, gemeinhin auch Limerick genannt, und dem dringlichen Appell an unseren Stammtischbruder Jochen, doch endlich die noch ausstehende Runde zu bezahlen.
 
 
 
 

Der Jochen steht auf dem Plateau,

Er locht den Ball ein und ist froh,

Der Ball dotzt immer krasser,

Und fliegt dabei ins Wasser,

Das macht 'ne Runde - ho-ho-ho!
 
 

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