Reise


In München steht ein ...
  

Ja, so beginnt ein landesweit bekannter Gassenhauer, der immer dann dafür herhalten muß, wenn auf irgendwelchen Festen der Wirt der Meinung ist, daß der Bierumsatz etwas zu dürftig ausfalle und der Kapelle signalisiert, eben dieses Lied im zwei Minuten-Zyklus abwechselnd mit "Ein Prosit der Gemütlichkeit" zu spielen. Ich kann jetzt nicht so genau sagen, ob dieses Lied zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung bezüglich des Ziels unseres nächsten Stammtischausfluges im Hintergrund zu hören war, jedenfalls sprach sich die Mehrheit der Vorstandsmitglieder für die Weißwurst-Metropole aus.

Um nicht völlig ausschließen zu können, daß man vielleicht doch ein sonniges Plätzchen in einem Biergarten ergattern könnte, hatte man beschlossen, die Fahrt weg vom herbstlichen Oktober in den goldenen Herbstmonat September zu legen. - Ich will es an dieser Stelle vorwegnehmen - bei der allgemeinen Großwetterlage in den Tagen unseres Ausfluges, war nicht eine Sekunde daran zu denken, auch nur irgendwie, irgendwo draußen unter freiem Himmel zu sitzen. Wir starteten freitags bei Nieselregen ab Münster Hauptbahnhof. Unser fürsorglicher Stammtischmetzger hatte wieder jedem ein ausgewogenes Frühstückspäckchen geschnürt und Dosenbier war bereits auch von einem guten Geist besorgt worden. Nach einer kurzen Stärkung und dem Genuß einiger Döschen Gerstensaft verfiel die ganze Reisegesellschaft in einen Dornröschen-Schlaf, der gelegentlich durch das Blitzlicht-Gewitter unseres Stammtisch-Fotografen Andy P. unterbrochen wurde und schließlich zu Ende war, als der Zug im Münchner Hauptbahnhof gegen den Prellbock rollte. Die Distanz vom Hauptbahnhof zu unserem Hotel überwanden wir alle zu Fuß innerhalb von zwei Minuten. Hoppla - sagte ich eben alle? Das ist so nicht ganz richtig. Unser Boni nämlich, der bereits in München weilte, zeigte sich ganz lauffaul und lief nur bis zum Taxistand, um sich von dort die restlichen 100 Meter bis zum Hotel fahren zu lassen. Dort nach wenigen Sekunden angekommen, drückte ein verdutzter Boni einem zornigen Taxifahrer geschwind ein Trinkgeld in die Hand und verschwand im Hoteleingang, während der Taxifahrer zurück zum Hauptbahnhof fuhr, um sich in der Taxischlange wieder ganz hinten anzustellen.

Kaum waren die Hotelzimmer in Augenschein genommen worden, da ging es auch schon weiter zum Weißwurstfrühstück. Es folgte ein Stadtbummel und ein Pflichtbesuch im Hofbräuhaus.

Nun bot es sich am gleichen Tag noch an, einem Heimspiel der Münchner Löwen gegen Borussia Mönchengladbach beizuwohnen. Diese Gelegenheit wollten sich ein großer Teil der Reisegesellschaft nicht entgehen lassen, während ein einzelner Abtrüniger kränkelnd im Hotel verblieb um sich durch das Abendprogramm eines Münchner Lokalsenders unterhalten zu lassen. Nach dem Besuch des Bundesliga-Spiels fand noch ein kurzer Abstecher beim Weißbier-Schneider statt, wo es durch das ignorante Verhalten von Stefan R. zu Tumulten kam. Angetrieben von Langeweile läutete dieser nämlich die Stammtischglocke des Nachbartisches. Auf den Hinweis der herbeigeeilten Bedienung hin, daß er nun eine Runde an alle an diesem Tisch sitzenden Personen zu zahlen habe, hatte unser Stefan nur abfallende Bemerkungen und Grimassenschneiden übrig. Solches Verhalten ist meiner Ansicht nach schwer zu verurteilen. Es kann nicht angehen, die Sitten und Bräuche fremder Kulturen leichtfertig mit Füßen zu treten. Vor allem unser Weltenbummler Stefan sollte dies beherzigen, er käme ja wohl auch nicht auf die Idee, auf dem Basar von Teheran einen Stand mit Pornoheften zu eröffnen.

Am nächsten Tag war nach dem Frühstück (naja, allzu früh war es dann auch nicht) ein Besuch des deutschen Museums angesagt. Einige Stammtischler meinten, daß sie bereits alles, was es im Museum gab gesehen hätten und zogen es vor, auf Münchner Baustellen umherzuziehen, und dort Leute in die Toilettenhäuschen einzusperren.

Während der eine oder andere den Nachmittag damit verbrachte sich den Kopf über bevorstehende Vaterfreuden und den daraus resultierenden Konsequenzen zu zerbrechen, gewährten zwei andere Stammtischmitglieder zwei Schweizer Staatsbürgern auf der Flucht vor der bayrischen Staatsmacht Asyl. Die Schweizer zeigten sich so dankbar, daß sie den beiden zwei Dosen Bier zum Preis von DM 10 abkaufen wollten, was die ritterlichen Helfer natürlich ablehnten. Nachdem sich die beiden Asylanten dann noch eine Runde Dosenbier genehmigt und dabei den Teppichboden in Mitleidenschaft gezogen hatten, fingen sie langsam an lästig zu werden. So atmeten die beiden Stammtischbrüder zunächst erleichtert auf, als die Schweizer das Zimmer verließen. Es dauerte jedoch keine 5 Minuten, da tauchte der eine wieder auf, um sich mit angezogenen Schuhen auf der Schlafstätte seiner beiden Retter breit zu machen. Es ist an dieser Stelle sicherlich nicht übertrieben, von Mißbrauch der Gastfreundschaft zu reden. Deshalb entschloß man sich den ungebetenen Gast trickreich aus dem Zimmer zu entfernen.

Als Abendprogramm war ein Besuch der "Wiener Rutsch´n" angesagt. Aufgrund zahlreicher Erzählungen unseres Stammtisch-Förderers Peter W. hatten viele schon eine gewisse Ahnung, was da auf uns zukommen würde. Doch man muß ehrlich sagen, das Dargebotene übertraf die geweckten Erwartungen um ein Vielfaches. Als die drei Lustgreise die Bühne betraten hatten sie bereits die Lacher des Publikums auf ihrer Seite und daran sollte sich auch bis zum Ende ihrer dargebotenen Show nichts ändern. Es ist nur natürlich, daß permanentes Lachen die Kehlen austrocknet und so wunderte es keinen, als unser Kassenwart nachts um 2 Uhr eine Getränkerechnung von 1200 DM zu begleichen hatte (Meines Wissens 72 Weizen, 45 Radler und noch ein paar Kleinigkeiten). Als die Vorstellung der drei Sex-Rentner dann endgültig zu Ende war, begann man selbsttätig für Unterhaltung zu sorgen, indem Stammtischlieder und Schlager angestimmt wurden. Dies hatte zur Folge, daß das Interesse der umliegenden Tische und der Bedienung geweckt wurde und sich der oder die eine und der oder die andere an unseren Tisch gesellten um zu fragen, ob wir denn öfters in dieser Lokalität anzutreffen seien. Schließlich kam sogar der Türsteher an unseren Tisch, aber nicht um unseren Gesangeskünsten Lob zu zollen, sondern vielmehr um uns aufzufordern, den Gesang einzustellen, da bereits einige Gäste sich belästigt gefühlt und das Lokal verlassen hätten. Dies hatte zur Folge, daß ein Stammgast, der an unseren Gesangsdarbietungen Gefallen gefunden hatte, damit begann den Türsteher zu beschimpfen, bis schließlich der Geschäftsführer eingriff und das Singen ausdrücklich gestattete. Zwischenzeitlich hatten aber die meisten Beteiligten die Lust am Singen verloren und so beschloß man, sich den zweiten Teil der Rechnung (noch´mal ca. 300 DM) machen zu lassen und den Heimweg anzutreten.  
 


   


   
Es dürfte wohl niemanden verwundern, daß am nächsten Tag sich nicht alle beim Frühstück um 10 Uhr einfanden und daß dann doch der ein oder andere etwas tranig aus der Wäsche blickte. Also war das Schlagwort für das folgende Tagesprogramm: "slowly". Bei einem gemütlichen Stadtbummel entschieden sich einige verwegene Stammtischler den Kirchturm "Alter Peter" zu erklimmen. Bei diesen Kirchturmerklimmern war auch einer dabei, der eigentlich für seine Höhenangst bekannt ist, diese aber vergessen zu haben schien. Um so besser konnte er sich aber wieder daran erinnern, als er oben angekommen auf die Münchner Innenstadt herabblickte und weiche Knie bekam. Augenzeugen berichten, daß er beim unvermeidlichen Abstieg die Holztreppe "wie auf Eiern" hinunter gelaufen sein soll.  
 


   

Für das gemeinsame Abendessen war bereits ein Tisch beim Weißbier-Schneider oder auch "Weißes Bräuhaus im Tal" reserviert worden. Als der ganze Stammtisch Platz genommen hatte und die Bedienung an den Tisch herantrat, fragten sich alle gespannt, ob die Bedienung den Stammtisch-Glöckner vom vorhergehenden Freitag wiedererkennen würde. Dies war aber nicht der Fall. Drei der Stammtischler scheuten kein gesundheitliches Risiko und orderten eine "halbe Haxe". Von diesen dreien schaffte allerdings nur einer das gesteckte Ziel. Allerdings war er auch der einzige, der sich auf die Herausforderung vorbereitet hatte, war er doch schon einmal vor ca. 5 Jahren daran gescheitert und so stellte das "Haxen-Essen" für ihn eine Art Vergangenheitsbewältigung und Befreiung von tiefsten Urängsten dar.

Nach diesem ausgewogenen Mahl ging´s ins "IMAX", dem berühmten 3D-Kino. Schon vor Beginn des eigentlichen Films war für Heiterkeit gesorgt. Sah man doch mit der 3D-Brille aus wie "Puck - die Stubenfliege" aus der Biene Maja. Man stelle sich vor: Ein Raum voll mit 300 menschlichen Stubenfliegen. Der folgende Film selbst konnte die Zuschauer jedoch nicht vom Hocker reißen. Zwar waren die 3D-Effekte nicht von der Hand zu weisen, aber die Handlung, wenn man überhaupt von Handlung reden konnte, war doch etwas dürftig.

Nach dem Film an Diskussionsstoff nicht arm, suchte man noch nach einer Blues-Kneipe, in der man den Abend und natürlich auch den Urlaub gemütlich ausklingen lassen konnte. Dort schaffte es Michi noch einmal, die restlichen Stammtischler beim Ehrgeiz zu packen, indem er sie vor die Aufgabe stellte einen Cocktail-Strohhalm quer in den Mund zu nehmen und so zu verdrehen, daß das rechte und das linke Ende nachher vertauscht waren. Es wird wohl niemanden wundern, daß dieser Wettbewerb auch die Blicke der restlichen Tische in der Cocktail-Bar auf uns zog. Erschöpft vom "Strohhalm-Kauen" und von der andauernden Blues-Musik völlig deprimiert traten wir dann nacheinander den Heimweg an.

Die Heimfahrt am nächsten Tag verlief ohne besondere Vorkommnisse und spektakuläre Zwischenfälle.

Abschließend bleibt zu hoffen, daß unsere diesjährige Stammtischfahrt in die Hauptstadt Berlin ebenso unterhaltsam sein wird.
 

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