Noch mal Reise

Geschichten von

1001 Franken -
eine Gratwanderung zwischen SPArtanisch und SPA-Bereich

Auch vergangenes Jahr zog es ein paar Stammtischler wieder in die Schweizer Alpen auf eine Wanderung rund ums Matterhorn. Auch dieses Mal war die Zusammenstellung der Hütten eine Komposition der Gegensätze.

Traditionell war der Start wieder in Täsch, wo wir unsere Fahrzeuge geparkt hatten. Aufgrund der späten Anreise war für den ersten Tag lediglich die Etappe auf die Täsch-Alp vorgesehen, wo uns die lebensfrohe Hüttenwirtin aus dem Vogtland auch herzlich empfing. Aufgrund der schlechten Erfahrungen mit der Täsch-Hütte im Vorjahr (nicht genügend Weizenbier da, ab 21:00 Uhr gibt es nichts mehr zu trinken, lärmende Bergsteiger, die einen bei ihrem Aufbruch mitten in der Nacht um den wohlverdienten Schlaf bringen) wurde diese umwandert - das habt ihr nun davon von wegen „ach ihr wandert nur, ts ts ts...."!

Stattdessen wurde am nächsten Tag gleich gen Flu-Alp aufgebrochen. Schon beim ersten Anstieg machte einigen Gefährten die zusätzliche Last zu schaffen. Sei es, dass sie diese in Form von angehäuftem Fett mit sich führten, sei es, dass sie für die 6-Tages-Wanderung ca. 20 T-Shirts eingepackt hatten. Andere quälte etwas ganz anderes - nämlich die Frage nach der Uhrzeit. Legitimierte doch eine positive Beantwortung der Frage „Ist denn schon 12 Uhr?" den Griff zum Flachmann, der mit reichlich Obstbrand gefüllt war.

Nachdem uns die Terrasse auf der Flu-Alp zum „Verweilen" eingeladen hatte (leider waren unsere Wanderfreunde vom ökumenischen Wanderkreis dieses Jahr nicht da), ging es am nächsten Tag weiter Richtung Schwarzsee. Aufgrund der im Vorfeld betriebenen ausführlichen Recherche unseres Reiseleiters waren die zwei folgenden Tage vom Domizil her so gewählt, dass man sich darauf verlassen konnte, dass ein hinreichend großes Farbfernsehgerät vorhanden ist, auf dem dann auch nicht irgendwelche Bergsteigerfilme gezeigt werden, sondern auf dem wir die Fußballweltmeisterschaft mitverfolgen konnten. Im „Hotel Schwarzsee" fieberten wir dann zusammen mit dem polnischen Koch am Fernseher, wer wohl der Gegner der deutschen Mannschaft im Endspiel sein würde (wobei Krake Paul es da ja schon wusste, dass dem nicht so sein würde - wieso denke ich jetzt gerade an Calamaris?).

Am nächsten Tag brachen wir zum „Hotel Silvana" auf. Auf dem Weg dahin sinnierten wir über die Existenz des braunen Tons und unser Dienstreisender der gehobenen Klasse stellte die Frage, ob denn im „Hotel Silvana" auch Utensilien für den allein reisenden Mann als Aufmerksamkeit des Hotels auf dem Nachttisch liegen würden. Um es kurz zu machen - auf dem Nachttisch war keine TP vorzufinden und nach einem gediegenen Aufenthalt im Wellness-Bereich schauten wir uns an, wie die Spanier ins Finale einzogen.

Des ganzen Luxuslebens überdrüssig, steuerten wir am nächsten Tag die Schönbielhütte an. Dort teilten wir uns ein Schlaflager mit ungefähr 25 Bergssteigern. An Nachtruhe war da nicht wirklich zu denken, gaben doch einige Schläfer schreckliche Schnarchgeräusche von sich, die nichts Menschliches mehr an sich hatten. Außerdem wurden die Schnarchpausen von dem nicht ganz erfolgreich unterdrückten Gekichere nicht genauer zu ermittelnder Rauminsassen unterbrochen, die scherzhafterweise die Bergsteiger um den Schlaf bringen wollten, indem sie diverse Handy-Nummern durchprobierten, um zusätzliche Unruheherde im Raum zu entfachen. Vor dem Bettgang wurden wir noch von einem nepalesischen Bergführer gerügt, dass es auf Berghütten üblich sei, seine Flaschen und Gläser im Gemeinschaftsraum selbständig abzuräumen und nicht einfach so stehen zu lassen. „Der Nepalese an sich" konnte sich anscheinend nicht vorstellen, dass wir nur eine kurze Trinkpause machen, den Sonnenuntergang ansehen und dann an unserem Platz weiter trinken wollten (wir mussten ja nicht mitten in der Nacht raus weil „wir wandern ja nur ...").

Am nächsten Tag steuerten wir unsere letzte Hütte dieser Bergtour an. Es war die uns allen wohl bekannte Triffthütte. Unter anderem übernachtete dort auch eine Gruppe Schweizer Studentinnen, die dann auch recht zeitnah mit einem unserer Mitreisenden ins Gespräch kamen. Um sein Talk-Revier abzugrenzen, begann dieser, dies auch gleich mit entsprechenden Duftnoten zu markieren. Den Hüttenwirt hielten wir abwechselnd mit Bier und Schnapsrunden auf Trab. Irgendwann war er wohl der Meinung, genug Reibach gemacht zu haben, um die Hüttensaison für dieses Jahr beenden zu können, stellte uns die Schnapsflasche auf den Tisch, zapfte noch ein paar Bierrunden vor und meinte dann, dass wir wohl alleine damit klarkommen würden und er sich jetzt ins Bett legen würde. Am nächsten Tag hatten wir dann eine Rechnung von 1001 Franken zu begleichen - Hüttenrekord!

Der Abstieg war dann auch noch rekordverdächtig. Während es der eine schaffte, ungeahnte Mengen Flüssigkeit in seine Kopfbedeckung zu schwitzen, rannte ein anderer den Berg in rekordverdächtiger Geschwindigkeit hinunter, damit ihn ja keiner dabei beobachten konnte, wie er sich gelegentlich am Wegesrand übergeben musste. Als wir dann in Zermatt angekommen waren, bekam einer von uns Appetit auf Backwaren. Also machte er bei einem Bäcker halt. Als wir dann in der Bahn nach Täsch saßen, stellte er fest, dass er wohl beim Bäcker seine Wanderstöcke vergessen haben musste. Wie ein Blitz schoss er hoch und verschwand. Dumm nur, dass sich die Bahn nun ohne ihn in Bewegung setzte. Den Versuch, ihn auf dem Handy zu erreichen, stellten wir ein, als wir feststellen mussten, dass sich sein Handy im seinem Rucksack befand, der mit uns im gleichen Zug war. Nachdem dann unser Nachzügler (mit Wanderstöcken) eingetroffen war, traten wir die Rückreise an. Hier bleibt zu erwähnen, dass bei unserer Rast auf einem Autohof rekordverdächtige 41 Grad im Schatten gemessen wurden.

 

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