Reise

"Gen Osten braucht's viel Stehvermögen" ...
- oder
 
"Die Fahrt nach Erfurt"

Vorwort: Wer nach dem Erspähen dieser Überschrift frivole Inhalte der Kategorie "Beim Jodeln juckt die Lederhose" oder "Die Stoßburg" erwartet, dem sei hier gesagt, dass es sich hier nicht um ein erotisches Machwerk der 70er-Jahre handelt, sondern um eine Dokumentation der Stammtischfahrt nach Erfurt (wie ja der zweite Teil des Titels schon aussagt). Auch werden hier nicht Peter Steiner oder irgendwelche CSU-Prominenz Erwähnung finden (außer bei dieser Klarstellung), sondern lediglich Teile der Faßbierfreunde sowie ein Bahnbediensteter.

Jetzt aber von vorn. Beginn unserer Reise war der Babenhäuser Bahnhof - oder vielmehr der Kiosk am Babenhäuser Bahnhof. Das Ganze war dem Umstand geschuldet, dass die Bahn und das Verkehrsunternehmen, das den "VIAS" betreibt, dort miteinander kooperieren müssten, stattdessen aber einen Kleinkrieg auf Kosten der Kunden austragen. Dies äußert sich z.B. in folgenden Aktionen: Der Anschlusszug wartet, bis der andere eingelaufen ist, aber bevor die Türen des ankommenden Zuges sich öffnen, fährt der andere schnell davon. Um sich dieses unwürdige Spektakel nicht anzutun, wählten wir die Variante, gleich mit dem Auto nach Babenhausen zu fahren.

Da wir noch ein bisschen Zeit hatten, unterstützten wir den lokalen Kioskbetreiber, indem wir seinen gesamten Vorrat an kaltem Pils verkonsumierten, eine Biersorte, die an Kiosken nicht allzu häufig nachgefragt wird und was zu Unmutsbekundungen eines Mannes führte, der wohl ansonsten immer die Pilsvorräte in seinem Hals verschwinden lässt. Egal! Jedenfalls bestiegen wir dann pünktlich den "VIAS" Richtung Hanau (der RE, mit dem wir eigentlich gekommen wären, war übrigens noch nicht da ...).

Unterwegs wurden wir von einem unserer Mitreisenden, der bereits in Frankfurt in den von uns gebuchten IC eingestiegen war, telefonisch informiert, dass er durchaus den Eindruck hat, dass noch mehr Leute nach Erfurt fahren wollten - der Zug sei jedenfalls brechend voll. Das war auch der Grund, warum ich diesen Artikel mit "Leben in vollen Zügen" titulieren wollte, aber das habe ich auch schon seinerzeit bei der München-Reise so gemacht und bevor man mir dann Plagiatsvorwürfe macht und ich nach Kanada auswandern muss, habe ich mich dann lieber für die frivol-zweideutige Formulierung entschieden.

Kaum in den Zug in Hanau eingestiegen, fanden wir die Lage wie beschrieben vor. Da wir aus der Vergangenheit wussten, dass wir uns eh meist nur im Bistro-Wagen aufhalten, hatten wir in weiser Voraussicht gar keine Plätze reserviert. Umso ärgerlicher war es dann, dass der eingesetzte Sonderzug gar kein Bistro hatte! Kein Platz, kein Bistro, keine Ahnung, wie es weitergehen soll? Na ja, man kann nicht sagen, dass es gar kein Bistro gab - die Bahn hatte wohl mit uns gerechnet und extra ein Not-Bistro in einem Abteil eingerichtet, wo aus einem Kühlwägelchen, wie es sonst nur die Saftschubsen im Flieger verwenden, kalte Getränke feil geboten wurden. Also postierten wir uns vor genau diesem Abteil und kauften dem dort Dienst habenden Zugbegleiter, der vom Dialekt die Herkunft aus einem der neuen Bundesländer nicht leugnen konnte (bitte merken, das spielt noch eine Rolle!), nach und nach sein Wägelchen leer.

Nachdem die Biervorräte aufgebraucht waren, beschäftigten wir uns alsdann wieder mit Rumstehen und Aus-dem-Fenster-Schauen. Etwas gelangweilt begann man nach dem Passieren der ehemaligen Zonengrenze ein wenig über die "blühenden Landschaften" und den "Soli" zu frotzeln. Einigen Mitreisenden war wohl die Herkunft unseres Bahnbegleiters, der immer noch im Not-Kiosk seinen Dienst versah, entgangen und sie taten ihre Sticheleien derart laut kund, dass der Bahnbegleiter diese beim besten Willen nicht überhören konnte, diesem dann irgendwann der Kragen platzte und er seinen Unmut darüber äußerte (was soll's - das Bier war ja eh alle). Auf die Gefühle des "Ehemaligen" Rücksicht nehmend, verharrten wir dann bis zum Eintreffen in Erfurt in Schweigen.

In Erfurt angekommen, marschierten wir vom Bahnhof schnurstracks zu unserem Hotel, dem "Radisson Blue", dem höchsten Haus am Platz. Nach dem Einchecken ging es weiter in die Stadt zwecks Nahrungsaufnahme. Den Abschluss des Tages verbrachten wir dann noch in einem Zappelschuppen, in welchem wir (wie das in letzter Zeit immer häufiger vorkommt) den Altersschnitt nicht unerheblich in die Höhe trieben.

Während am nächsten Tag die meisten Teilnehmer in die Stadt zum Frühstücken gingen, gab es aber auch zwei Mitreisende, die erst noch ihrer Kopfschmerzen Herr werden mussten und versprachen, sobald es irgendwie gehen könnte, nachzukommen. Irgendwann taten sie das auch und holten die verlorene Zeit durch ein "Frühstück to go" beim Döner-Mann nach.

Was für den Rest des Tages passierte, lässt sich relativ schnell erzählen. Besichtigung des Domes, Einkehr in der "Glashütte" (übrigens tolle Aussicht), Biertrinken und Palavern in der "Glashütte", Mittagessen in der "Glashütte", Biertrinken und Palavern in der "Glashütte", Abendessen in der "Glashütte", Biertrinken und Palavern in der "Glashütte", nach Hause gehen. Hab ich was vergessen? - Nö! Am nächsten Tag gab es daher ein Erwachen ohne Kolateralschäden, sodass wir uns nach einem ausgiebigen Frühstück in der Innenstadt aufs Messegelände begaben. Dort fand nämlich die "Biermesse" statt. Dem Umstand geschuldet, dass wir ja am Nachmittag abreisen mussten, fiel unser Konsumverhalten dort eher verhalten aus und wir nahmen Abstand davon, wirklich jede angebotene Biermarke zu verkosten. Stattdessen wanderten wir von Halle zu Halle und nahmen das dargebotene Unterhaltungsprogramm in Augenschein, was sich meist immer auf das Gleiche beschränkte - irgendwelche Fuzzies in Seppelhosen machen laute, schreckliche Musik - und das auf fast nüchternen "Magen"!

Irgendwann kam dann die Zeit des Abschieds. Wir fuhren ins Hotel, nahmen dort unser Gepäck auf und dann ging's weiter zum Bahnhof, wo wir dann sogleich dass Bistro in Beschlag nahmen und uns nicht vom Fleck bewegten, bis wir aussteigen mussten.

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