Geschichte

Maitour 2020, die Erste:
1. Mai 2020 - Tag der ungewohnten Tätigkeiten


Alles neu machte in diesem Fall nicht der Mai, sondern die Corona-Pandemie! Und genau deshalb ist dieser Rückblick zweigeteilt, weil die Maitour Corona-bedingt nun mal nicht wie gewohnt am 1. Mai stattfinden konnte, sondern in den Sommer verschoben werden musste.

Dass wir an jenem uns hochheiligen Tag aber trotzdem irgendetwas gemeinsam unternehmen wollten, war klar und so beschloss die Reiseleitung, zum gleichen Zeitpunkt, an welchem wir uns gewöhnlich zur Maitour treffen, also morgens um 10 Uhr, einen virtuellen Mai-Frühschoppen anzubieten. Die Resonanz war recht groß und so saß jeder Teilnehmer mit ausreichend Bier und einer deftigen Brotzeit zuhause vor dem Bildschirm, um zu vespern und mit seinen Kameraden virtuell anzustoßen.

Insgeheim war der eine oder andere Faßbierfreund froh, nicht nach draußen zu müssen, denn das Wetter war an diesem Tag ziemlich räudig. Dennoch hielt dies einige Kameraden nicht davon ab, sich im Anschluss an unseren Frühschoppen nochmal aufs Rad zu schwingen, um das eine oder andere ehemalige Maitourziel anzusteuern. Die Reiseleitung hatte dies nämlich als „Challenge“, wie man auf Neudeutsch sagt, ausgerufen und jedem Teilnehmer winkte dadurch die Wertung „an der Maitour 2020 teilgenommen“, was entsprechend in das ewige Teilnahme-Ranking einfließen sollte.

So geschah es, dass im Verlaufe des Nachmittags - der Online-Frühschop­pen war da freilich schon beendet - auf unseren Social-Media-Kanälen nach und nach die Beweisfotos der Radler eintrudelten, auf welchen sie mit Fahrrad an altbekannten Maitourzielen zu sehen waren. Einige steuerten hierbei sogar mehrere ehemalige Ziele an.

Letzten Endes hatte diese Aktion auf unsere bereits erwähnte Maitour-Wertung keine Auswirkung, da all jene Kameraden bei unserer Nachhol-Maitour im Sommer dann auch dabei waren. Die Daheimgebliebenen beschäftigten sich den restlichen Tag mit Tätigkeiten, denen sie an jenem Tag noch nie nachgegangen sind und das künftig auch nicht mehr tun wollten, wie z.B. Erstellen der Steuererklärung, Staub wischen oder Nasenhaare bzw. Fußnägel schneiden.

Ebenfalls für Verwirrung sorgte bei einigen, welche abends das Fernsehgerät eingeschaltet hatten, die Begebenheit, dass kurz vor der 20-Uhr-Tagesschau eine TV-Ansprache angekündigt wurde. „Ja ist denn schon wieder Weihnachten?“, mag sich so mancher da spontan gedacht haben. Aufgrund der kalendarisch großen Distanz zu jenem feierlichen Jahresend-Familienfest war aber jedem schnell klar, dass da jetzt nicht Bundespräsident Steinmeier seine frohe Weihnachtsbotschaft unter das Volk bringen würde. Es war vielmehr ein gewisser Reiner Hoffmann, gemäß Untertitelung „Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes“, der dann etwas vom „Tag der Arbeit“ faselte.

So ein Blödsinn! Als ob wir jemals am 1. Mai etwas gearbeitet hätten! Jedenfalls war auch das eine neue Erfahrung, hinsichtlich der es uns eigentlich reichte, diese nur einmal gemacht zu haben.

Am Ende das Tages gingen wir dann seltsam nüchtern und mit dem Gedanken ins Bett, irgendetwas noch vollenden zu müssen. Dies ist uns dann glücklicherweise Anfang Juli gelungen…


Maitour 2020, die Zweite:
Vom Paulus zum Saulus zum Paulus!“


...denn am 5. Juli stand sie an, die Nachholung unserer Maitour! Die Corona-Schutzmaßnahmen waren inzwischen insofern gelockert worden, dass Gaststätten wieder geöffnet waren und 10 Personen an einem Tisch zusammensitzen konnten. Exakt diese Anzahl an Stammtischbrüdern traf sich deshalb an jenem Sonntag um 10 Uhr bei besten sommerlichen Wetterbedingungen mit Temperaturen zwischen 22 und 27 Grad - Fassbierherz, was willst du mehr?

Die Tour sollte uns dieses Mal nach Dreieichenhain führen - nach dem Jahr 2004 übrigens zum zweiten Mal. Damals mussten wir wegen übelstem Regenwetter allerdings mit dem Zug anreisen … vielleicht hätten wir die Maitour „sellemols“ auch in den Juli verschieben sollen ;-) Doch bevor die eigentliche Radtour begann, stachen wir das Fass an und labten uns an einem zünftigen Weißwurstfrühstück, welches uns von unserem Gastgeber Rainer R. unter Beigabe einer Brezelspende von Stefan R. gestiftet wurde. Süßigkeiten zum geschmacklichen Abrunden des Mahls hatte wieder mal unser Schokoladen-Onkel Heiko bereitgestellt, nachdem er zuhause wieder alle Sofaritzen sowie Hosen- und Jackentaschen zum Zwecke des Wiederauffindens von Weihnachts- und Oster-Schokoladen vergangener Jahrgänge durchsucht hatte. Dies hat uns jedoch noch nie von deren Verzehr abgehalten, da wir ja wissen, dass eine weiße Schicht auf eigentlich brauner Schokolade unbedenklich ist - Stichwort „Fettmigration“. Last but not least haben unsere Kameraden Andreas B. und Stefan R. jeweils eine Partydose Bier spendiert.


Frühschoppen-Szenerie vor der Maitour - Blickrichtung Nord...


...und Blickrichtung Süd


Ja, die Spendenbereitschaft war schon sehr groß - ein Thema, welches uns das ganze Jahr über positiv begleiten sollte, da eigentlich jeder aus unserer Gemeinschaft, in welcher Form auch immer, selbstlos und gönnerhaft für seine (Faßbier)-Freunde „etwas springen ließ“.

Wir frühschoppten noch eine Weile völlig relaxt (für jüngere Leser: „gechillt“) weiter, um uns dann kurz vor der Mittagsstunde zu unseren Fahrrädern zu begeben.

Die Verwunderung war dann groß, als man bemerkte, dass unser Freund Racer mit einem E-Bike zur Tour aufbrechen wollte. Hatte er nicht noch während der Vorjahres-Maitour kundgetan, dass man zum Maitouren auf keinen Fall ein solches benutzen solle? Verhielt er sich nun wie sein augenscheinlicher Bruder im Geiste, Franz Beckenbauer, und handelte getreu dem Leitspruch „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern!“?

Jedenfalls war ihm das Gefrotzel seiner Kameraden gewiss, auch wenn er hochheilig beteuerte, während der Tour nicht den Elektroantrieb, sondern nur seine gigantische Beinmuskelkraft zu nutzen. „Vom Paulus zum Saulus!“, witzelte da so mancher unter Umkehrung jener auf die Bibel zurückgehenden Redewendung.

Die Tour ging dann los und Racer schien sich tatsächlich an sein Gelübde der Elektroenergie-Enthaltsamkeit beim Maitour-Radeln zu halten. Unterwegs betrieben wir dann ein wenig Sightseeing in der vorderen Hintergasse sowie entlang der Tongrubenschneise, welche aufgrund der Auswirkungen des Sturms „Fabienne“ nun leider kein Waldweg mehr ist, sondern eher ein Feldweg.


Einige Faßbierfreunde bei den Bewässerungsarbeiten im Zuge der Wiederaufforstungs-
maßnahme "Tongrubenschneise/Sturmschäden Fabienne"


Ein Jahr zuvor während der Maitour 2019 war man bereits in ähnlicher Weise tätig, indem man dem löschwasserführenden
Fließgewässer "Gersprenz" bei Dieburg beträchtliche Mengen an flüssigen Löschmitteln zugeführt hatte


Im Wald hinter Messel legten wir an einer Schutzhütte unsere erste Rast ein, um das erste mitgeführte Fässchen anzustechen und Heikos restlichen Schokobestände zu verzehren. Nach dieser Pause stand dann der Endspurt an, welcher nur von einem kurzen Halt am Wetterradarturm Langen unterbrochen wurde, da unser Reiseleiter Racer kurz über dessen Funktionsweise referieren wollte.

Kurze Zeit später kamen wir dann an unserem Ziel, dem Gasthaus „Haynerwirtin“ in Dreieichenhain an. Dort wurde uns ein schöner Platz an einem rustikalen Baumstammtisch zugewiesen - der Wirt wusste also, wie man standesgemäß mit Stammtischlern wie uns umgeht! Wir saßen dort kompakt, bequem sowie mit guter Übersicht über den ganzen Biergarten beieinander. Das georderte Essen war wohlschmeckend und mundete uns wesentlich besser als das dortige Ausschankbier von Glaabsbräu. Passend zum Brauereinamen einigten wir uns auf das Urteil „Ich glaab’s schmeckt nit!“ und stiegen nach zwei getrunkenen Runden auf Cuba-Libre um.


Auch wenn Didi virtuell zu unserer Maitour hinzugeschaltet wurde, zählte dies nicht als Maitourteilnahme

Ansonsten genehmigten wir uns noch eine Runde Marillenschnaps, videofonierten mit Dietmar G. und Jörg R., die gerade in Österreich urlaubten, und widmeten uns ansonsten unseren mehr oder weniger geistreichen Konversationen. Einige realitätsferne Kameraden, welche Gefallen an einer am Nebentisch sitzenden jungen Dame in engem Beinkleid gefunden hatten, wurden von realitätsnäheren Mitbrüdern schnell wieder auf den Boden der Tatsachen geholt, indem diese ihnen die völlig desillusionierende Mitteilung vor den Latz knallten, dass jenes weibliche Wesen uns alle altersbedingt als „Papa“ hätte ansprechen können. „Wer zu alt ist, den bestraft das Leben!“, hat ein berühmter osteuropäischer Staatsmann mal gesagt … oder so ähnlich…

Um 17 Uhr teilte uns der gerade diensthabende Kellner (so lange wie wir immer sitzen, ist in der Regel immer ein Schichtwechsel beim Personal zu verzeichnen) mit, dass wir den Tisch wegen einer nachfolgenden Reservierung bald räumen müssten und bot uns einen Platz an einem der Nebentische an. Wir lehnten aber dankend ab, weil wir uns sowieso bald auf den Rückweg machen wollten.


Die  blau-weiße T-Shirt Fraktion - die Farbwahl könnte auf die Affinität zum SV Münster zurückzuführen sein...

Unglücklicherweise hatten wir es im Gegensatz zur Vorjahrestour versäumt, unser mitgeführtes Fässchen im Lokal zwischenkühlen zu lassen, sodass eine Bierpause unterwegs nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig gewesen wäre. Also entschlossen wir uns, auf dem Rückweg lieber im „Gutshof Thomashütte“ in Eppertshausen einzukehren, um dort ein „kaltes“ Bier zu trinken...doch dazu später mehr...

Während wir uns dann auf dem Fahrradabstellplatz versammelten, nutzte Andreas M. die Abwesenheit unseres sich gerade auf einem Pinkeltrip in den nahen Wald befindlichen E-Bikers Racer, um - von Arglist und Heimtücke getrieben - die Stromzufuhr an dessen E-Bike zu sabotieren. Technikaffin wie Racer jedoch ist, bemerkte er diesen Sabotageakt sofort, verband die Kabel wieder, radelte dann aber wie alle anderen stromlos los ...klingt komisch, gell?

Obwohl dieser misslungene Streich schnell vergessen war, schlug die Ironie des Schicksals kurze Zeit später auf der Rückfahrt dann gnadenlos zu. In einem Waldstück unweit von Offenthal mussten wir während einer Bergabfahrt ziemlich unvermittelt abbiegen und hatten dabei urplötzlich eine Bergauffahrt vor uns. Dies hat die Reaktionszeit einiger von uns etwas überfordert, so auch die von Andreas M., dessen Schaltwerk am Fahrrad bei dieser Bergwertung regelrecht zerlegt wurde.

Glücklicherweise waren unsere beiden „Gelben Engel“ aus der ehemaligen Malzbierabteilung, nämlich Andreas B. und Michael L., mit von der Partie und konnten sich dem Schaden annehmen. Sie konnten diesen zwar nicht beheben, aber durch das Entfernen der Fahrradkette war das Gefährt insofern wieder gangbar, dass sich zumindest die Räder wieder drehen konnten. Der Antrieb fehlte allerdings und da kam unser Freund Racer wieder ins Spiel. Gönnerhaft bot er seinem Reiseleitungskameraden Andy an, den Elektromotor anzuwerfen und ihn ins Schlepptau zu nehmen, also quasi per Schulterblatt-Taxi weiterzufahren. Den Tränen nahe nahm Andy das Angebot von „Sankt Stefan“ an und so wurde dieser vom Saulus wieder zum Paulus!


Pannenservice im Wald - rechts wartet schon der Abschleppdienst

In Fragen der katholischen Heiligenverehrung etwas firmere Leser werden jetzt möglicherweise einwenden, dass der heilige Christopherus als Schutzpatron der Reisenden, der Fahrzeugführer und ihrer Transportmittel die geeignetere Zuschreibung für Racers Wirken sei. Aus Gründen der Dramaturgie und der Findung einer passenden Überschrift war die Wahl „Paulus“ aus Journalistensicht jedoch wesentlich hilfreicher.

Als es dann endlich weiterging, war von dem Gespann Ries/Müller (nicht zu verwechseln mit dem Fahrradhersteller „Riese & Müller“) bald nicht mehr viel zu sehen. Elektromotorisiert zogen sie von dannen und waren nur noch als zwei kleine Pünktchen am Horizont wahrnehmbar. Erst an der Thomashütte, also dort, wo wir noch ein „kaltes“ Bier trinken wollten, trafen wir sie ungeduldig auf uns wartend wieder an. Sätze wie „Wo bleibt ihr denn so lange? Wir warten hier schon seit einer halben Ewigkeit!“ verkniffen sie sich aber - offenbar aus Angst vor körperlicher Züchtigung.

Doch zurück zu unserem heißen Verlangen nach kaltem Bier, welches wir im dortigen Biergarten befriedigen wollten...was letzten Endes aber nicht möglich war, weil die Plörre pisswarm war! Sahen wir etwa krank aus? Betrachtete uns der Kellner als eine Abordnung der Nierenstein-Liga auf Tagestour? Oder wollte man uns auf diese Weise mitteilen, dass vor Ort vornehmlich Apfelwein ausgeschenkt und konsumiert wird? Wir taten der Kellnerin gegenüber unseren Unmut kund und sahen davon ab, eine zweite Runde zu bestellen - ein Umstand, der bei uns eher selten ist (Stichwort: „Trinke mer NOCH oaner?!“).


Thomashütte - ungeduldiges Warten auf ein "kaltes" Bier

Mit der Einsicht, dass wir genauso gut unsere ungekühlte Partydose unterwegs hätten trinken können, machten wir uns dann auf die finale Etappe - Ries/Müller natürlich weiterhin weit vor allen anderen. Auf dieser Restwegstrecke verabschiedete sich unser regelmäßig auf mehreren Hochzeiten tanzende Kumpan Heiko in Richtung eines Familientermines im nahen Eppertshausen. Der Rest kam dann mehr (alle außer Racer und Andy M.) oder weniger (Racer und Andy M.) ausgepowert bei Rainer an und machte sich sodann an die Pizzabestellung bei Ibo, dem neuen „Francesco“.

Wie es dann halt immer so ist, klang der Abend gemütlich aus, da wegen dem langen Tag bzw. aufgrund der Aussicht auf die unmittelbar bevorstehende Arbeitswoche keiner mehr etwas zusetzen konnte oder wollte. Um 22.30 Uhr, als nur noch die allmächtige Reiseleitung zugegen war, fiel dann endgültig der Hammer.

Was kann man nun als Fazit dieser zweigeteilten Maitour festhalten? Wir haben das Beste aus der außergewöhnlichen Situation gemacht!

Während am 1. Mai trotz originellem Ausweichprogramm die Wehmut wegen dem Maitourausfall recht groß war, bescherte uns der Nachholtermin im Juli eine absolut gleichwertige „Mai“tour, was einige Kameraden aufgrund des tollen Wetters dazu bewegte, deren dauerhafte Verlegung in den Sommer zu fordern - dies natürlich mit einem Augenzwinkern


PREVIEW       HOME       NEXT